Rush Hour, Long-Bien-Brücke

Auf meiner Vietnam Reise 2017 hatte ich Zeit genug, um ganz ohne Zeitdruck genau auch an den Orten zu verweilen, die mir gefielen. Zwar hatte ich mir im Vorfeld eine Route mit Anlaufzielen angedacht, war aber am Ende völlig flexibel. Nur für meine Ankunft in Hanoi buchte ich schon in Deutschland eine Unterkunft für 2 Nächte.

Am Nachmittag landete ich in Hanoi und lies mich per Taxi zu meinem Hotel bringen, checkte ein, zog mir Sommerliche Kleindung an, schnappte meine Kamera und lief gleich ins Gewühl von Hanoi und hielt nach einigen Gehminuten eine Rikscha an, um mich erst einmal zu Akklimatisieren und das Treiben von der Rikscha aus zu genießen.

Was dann allerdings passierte, beunruhigte mich. Meine neue Nikon D750, gerade mal 3 Wochen alt, war auf einmal defekt. Noch aus der Rikscha heraus, fotografierte ich wie gewohnt. Jedoch als ich zur Kontrolle des Bildes auf dem Monitor blickte, war ein schöner schwarzer Balken zu sehen, der sich mit mehr als einem Drittel Breite, im oberen Bereich des Bildes befand. Die Verschluss-Einheit schien defekt. Alle mir möglichen Versuche scheiterten, dass irgendwie selbst wieder hin zu bekommen.

Nun, was tun. Ein Fotofachgeschäft schien mir die Lösung zu sein. Sofort sprach ich den Rikscha-Fahrer an, erklärte die Situation und fragte ob er mich zu einem solchen Geschäft bringen könne. Normalerweise kein Problem, jedoch befanden wir uns gerade inmitten des
Tet-Festes, das Vietnamesische Neujahrsfest, die wichtigsten Feiertage in Vietnam, welches am Vortag begann. Das hieß, Geschäfte, außer kleine Shops und Restaurants, waren über die Feiertage geschlossen.

So besonders dieses Fest natürlich auch ist, in diesem Moment wollte sich meine Freude nicht so wirklich entfalten. Doch dann, schien mir großes Glück zu Teil, der Fahrer kannte den Inhaber eines Fotogeschäfts. Ein kurzer Anruf, und schon ging es los. Ich war in diesem Moment überglücklich, ganz klar. Ansonsten hätte ich die nächsten 5 tage nicht fotografieren können. Beim Fotoladen angekommen, stand auch schon der Besitzer dort, öffnete das eiserne Gitter und lies mich eintreten.

Meine Nikon zu reparieren, war nicht Sinnvoll, da hier die Garantie nicht greifen würden. So blieb mir nur der Weg, eine Kamera zu kaufen. Die Auswahl hielt sich in Grenzen: Denn was ich jetzt brauchte, war eine Nikon, alleine schon um all meine Objektive nutzen zu können. Es wurde eine D3400. Das war zudem der Moment, dass ich auf Reisen nie wieder nur mit einem Body unterwegs sein wollte.

Glücklich und dankend verließ ich das Geschäft und ließ mich nun eine Weile durch die City kutschieren. Die Dämmerung setzte ein und ich entschloss irgendwo etwas Essen zu gehen, und den Abend ausklingen zu lassen. Der nächste Tag sollte dann nach dem Frühstück so beginnen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Los ging es allerdings erstmal zu Fuß, um die Alltagsatmosphäre besser zu verinnerlichen. Irgendwann stand ich dann vor der Long-Bien- Brücke, die mich sofort in ihrer Präsenz begeistert, von dem quirligen Verkehr ganz zu schweigen. Typische Rush Hour, wie sie in den großen Städten Asiens allgegenwärtig ist.

Die 1899 erbaute Long-Bien-Brücke ist eine 1680m lange und 14m hohe freitragende Straßen- und Eisenbahnbrücke über den Roten Fluss im Norden Vietnams. Sie verbindet Long Bien, den einzigen Stadt-Bezirk der Hauptstadt Hanoi am Ostufer des Flusses, mit den Bezirken Hoan Kiem und Ba Dinh im Zentrum der historischen Altstadt ( Danke an Wikipedia ).

Ende gut, alles gut. War ich doch mehr als froh, dass ich eine Ersatzkamera gefunden hatte, die mich auf meiner ganzen Reise bis zum Schluss, zuverlässig begleitete.

Comments 12

  • Rainer Klassmann 01/04/2022 9:03

    Deine Geschichte kommt mir beinahe vor wie eine Reise von mir......
    "Die Halong Bucht - ein Traum von mir! Wir bestiegen das Schiff für eine 3 tägige Reise - erste Impressionen...klick...klick...klick...nach 2 Stunden war Schluss - im Sucher war alles schwarz. Keine Ersatzkamera dabei, nur die Knipse meiner Frau. Ich hätte schreien mögen. Wieder zurück in Hanoi habe ich erst einmal im Internet recherchiert. Der Spiegel meiner Spiegelreflex hatte sich einfach gelöst und war abgefallen. Canon hatte damals bei einer Charge der 5 D anscheinend an Centbeträgen sparen wollen und hatte einen billigen Kleber eingesetzt. Auf einen Spaziergang durch die Stadt nahm ich die 5D, in der Hoffnung auf ein Wunder. Ein kleines Fotogeschäft mit allen möglichen Utensilien machte nicht den Eindruck, als würde man dort etwas von Kameratechnik verstehen, aber dennoch bestand meine Frau darauf einfach reinzugehen. Der Verkäufer im Laden hörte mich interessiert an, bedeutete mir ihm zu folgen und dann betraten wir ein Hinterzimmer. Chaos pur! Der Kollege lümmelte mit Füßen auf dem übervollen Tisch und ich übergab ihm meine eigentlich gestorbene Kamera. Mit gefühlt 5 Zentimeter langen Fingernägeln angelte er den losen Spiegel aus dem Gehäuse, zog ein Schubfach auf und entnahm einen Kleber. Für mich war die Kamera bereits tot, also konnte er kaum noch einen Schaden anrichten...
    Er reinigte den Spiegel, betupfte ihn an 4 Ecken mit dem Kleber, wartete etwas, setze ihn hinein ins gehäuse...wartete etwas...drücke an...wartete etwas länger...drückte den Auslöser und machte....KLICK.
    Unglaublich, er hatte die Kamera repariert!!!! Und dann wollte er nichts für seine Arbeit haben. Da das Tet-fest, das vietnamesische Neujahrsfest kurz bevorstand, gab ich ihm 20 Dollar. Er fiel mir um den Hals und wir waren beide glücklich.
    Das ist nun bereits 11 Jahre her und die Kamera tuts als Zweitgereät immer noch.
    Gruss Rainer
  • Birnbaum Werner 15/03/2022 15:14

    Starke   Bild  ++++  Vg  Werner  
    Acchitektur  art   5
    Acchitektur art 5
    Birnbaum Werner
  • Günter-Diel 12/03/2022 13:59

    Hallo Jürgen, vielen Dank für die interessante Geschichte. Kann ich sehr gut nachvollziehen: die tollsten Motive ringsum und man kann nicht fotografieren!! Deswegen habe ich immer zwei Body dabei (eigentlich drei, wenn man die Ricoh GR mitzählt). Gruß Günter
  • Manfred Mairinger 08/03/2022 19:21

    Herrlich!
    VG Manfred
  • Susanne Dropmann 06/03/2022 21:48

    Was für eine spannende Geschichte Jürgen, ich kann mir richtig vorstellen, wie Du Dich gefühlt hast. Aber so ein glücklicher Zufall, der Dich dann wieder zu einer Kamera führte.
    Eine tolle Aufnahme von der Brücke mit dem regen  Verkehr , super schöne Tiefenwirkung und schön die Umsetzung ins Schwarzweiße. 
    Gefällt mir sehr gut.
    Einen guten Wochenstart, 
    liebe Grüße Susanne
  • JOKIST 06/03/2022 21:26

    Ein TOP Foto - perfekt getroffen!

    Ingrid und Hans
  • Matteo70 06/03/2022 19:04

    eine sehr gute Streetdarstellung. So typisch, so authentisch. LG, Matteo70
  • magic-colors 06/03/2022 18:23

    Hey, diese Brücke ist der Hit. Die Menschen fein sortiert in einem für die Augen angenehmen Schärfeverlauf.
    Zudem passt die s/w Bea hervorragend.
    Begeisterungswürdig.
    Ganz liebe Grüße aNette
  • WM-Photo 06/03/2022 17:52

    Ein wenig Glück braucht man einfach. Sie hat ihren Zweck bestens erfüllt wie man hier sieht.
    Gruß Walter
  • alicefairy 06/03/2022 16:37

    Klasse gezeigt
    Lg Alice
  • Detlef Both 06/03/2022 16:21

    Eine Geschichte mit Happy End.
    Die Brücke fand ich 2015 auch faszinierend.
    Gruß Detlef
    Long-Bien-Brücke Hanoi - aus aktuellem Anlass
    Long-Bien-Brücke Hanoi - aus aktuellem Anlass
    Detlef Both
    • Jürgen Ringmann 06/03/2022 16:41

      Auf jeden Fall!! Echtes Glück hatte ich, ansonsten wäre es mit der fotografischen Umsetzung schwer geworden, zumindest was die Zeit der Feiertage anging, wo die Geschäfte geschlossen hatten. VG Jürgen