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Ruhe im Feuer

Ich war nie bei der Marine, aber da soll der Zapfenstreich mit dem Ruf "Ruhe im Schiff" ausgerufen worden sein. Vielleicht stimmt's, ich habe davon keine Ahnung.

Ruhe im Feuer ist etwas ähnliches und doch ganz anders. Wenn man eine Lokomotive abstellt, geht man üblicherweise so vor. Die Lok wird abgerüstet und man läßt das Feuer ausgehen. Es ist schon etwas komplizierter, als es sich hier liest. Aber belassen wir es jetzt mal dabei.

Ruhe im Feuer bedeutet, daß die Betriebsbereitschaft der Lok erhalten bleibt. Die Vorräte (Kohle, Wasser, Sand, Öl) werden ergänzt und evtl. erforderliche kleine Reparaturen sofort erledigt. Die Rachkammer und der Aschkasten werden entleert und gereinigt.

Hat man ausreichend Personal, so kommt jetzt der Nachtheizer ins Spiel. Seine Aufgabe ist es, während der Ruhe im Feuer, den Wasserstand auf dem richtigen Level zu halten und für ein kleines Feuer unter dem Kessel zu sorgen. Als die Dampfloks noch im Regelbetrieb waren, hatte so ein Schuppenheizer mehrere wenn nicht gar alle Loks seiner Dienststelle zu versorgen. Heute ist so ein Schuppenheizer eher die Ausnahme.

Deshalb die Frage, was tun, wenn man solches Personal nicht hat? Nun, dann legt man eben ein Ruhefeuer an. Es gibt unterschiedliche Methoden. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Was für Lok A zutreffend ist, kann für Lok B schon völlig falsch sein. Da spielen Baustoffe und Bauarten eine Rolle. Manchmal auch das, sondern was man mal gelernt hat. Da unterscheiden sich die Bayern von den Preußen. Darum keinen Streit, wenn ihr es anders macht, als hier beschrieben.

Zunächst sorgt man dafür, daß der Rost von Schlacke gereinigt und ausreichend Glut im Feuerbett vorhanden ist. Nicht zuviel, aber auch nicht zu wenig. Dann muß der Kesselwasserstand mit dem Injektor langsam erhöht werden. Durch das Einspeisen wird ganz nebenbei der Druck gesenkt. Wegen der Materialbeanspruchung muß es deshalb langsam erfolgen. Gleichzeitig wird die später benötigte Kohle klatschnaß gemacht. Das hat einen schönen Nebeneffekt, das Speisen erfolgt noch langsamer. Wenn genügend Wasser im Kessel ist, muß man die Glut in der Feuerkiste so verteilen, daß die Seiten des Rostes schön gleichmäßig bedeckt sind. Nur die Mitte des Rostes bleibt frei. Die Stelle aber, an der die naße Kohle hin soll, erhält eine höhere Glutschicht. Meist erfolgt das unter der Tür. Wir machen es jedenfalls so. Jetzt wird die naße Kohle darauf gegeben. Ein richtig schöner Berg muß es sein. Zum Schluß bedeckt man diesen Berg noch mit eingeschlämmter Feinkohle, sofern man so etwas im Tender findet.

Alle Klappen zu und dann kann man bis zum nächsten Tag geduldig warten. Zu Zeiten als es noch gute Lokomotivkohle gab, brannte die Kohle nicht ab, sondern es bildete sich Koks. Der konnte am nächsten Tag vom Heizer ganz einfach über den Rost verteilt werden. Einige Schaufeln frische Kohle hinzu, den Bläser angestellt und schon hatte man in kürzester Zeit ein perfektes Grundfeuer. Heutzutage bleibt meisten etwas Glut und reichlich Asche übrig, da muß dann wieder der Rost gesäubert und mit der wenigen Restglut dann das Grundfeuer gezaubert werden. Da muß der Heizer oft eine Stunde früher aus den Federn.

Die ganze Nacht bleibt die Lok im Betrieb. Sollte eine Fahrt erforderlich sein, in kürzester Zeit ist soviel Druck im Kessel, daß die Lok losfahren kann. Eine abgestellte Diesellok aufzurüsten, ist da nicht wesentlich schneller.

Comments 4

  • Matthias Renk 14/08/2010 11:32

    Hallo blind lense,
    eine klasse INFO mit noch tolleren Foto und schöner Anekdote (vorletzte Anmerkung).
    Ich denke, wer mal Dampflok (selbst)gefahren ist, der kann was erzählen, vielen, vielen Dank fürs schreiben, ist immer spannender als ein Krimi und wenn man sich dann noch so tolle Bilder dabei sieht ist das einfach nur genial.
    MEEEHHHRRRR DAAAVOON!
    VG matthias
  • Michael PK 10/08/2010 11:07

    Stark wie das Licht hier einfällt....und die Story ist lesenswert
  • blind lense 09/08/2010 18:51

    @ Ralf Göhl schrieb:

    dann hilft nur noch Holz oder die spezielle Ölzusatz- Feuerung.

    Du sagst es. Blut und Wasser hab' ich mal geschwitzt als ein Heizer (Seiteneinsteiger) mir am nächsten Morgen ein Feuer anbot, daß einer Kerze zur Ehre gereicht hätte. Bei einem Kesseldruck von grad mal 2 bar und Abfahrt in einer Stunde. Na ja, zaubern sind wir ja gewöhnt...
  • Ralf Göhl 09/08/2010 17:57

    Wie ich immer sage Nachtfotos die haben was.
    Ein weiteres mit Geschichte ist z. Z. für kommenden Freitag in Arbeit.

    Nachtruhe im Museum wie man unweigerlich sehen kann.
    Ansonsten hast du genau beschrieben wie es seien soll.
    Wenn aber alles ganz anders kommt, warum auch immer, dann hilft nur noch Holz oder die spezielle Ölzusatz- Feuerung.

    Ruhe im Feuer im Bw
    Nacht und Schnee im Bw Saalfeld
    Nacht und Schnee im Bw Saalfeld
    Ralf Göhl

    LG Ralf