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145 Simulationen (unbearbeitet)

145 Simulationen (unbearbeitet)

6,808 6

homwico


Premium (Complete), Coburg

145 Simulationen (unbearbeitet)

Das Bild, eigentlich von den Einstellungen identisch zur vorherigen Aufnahme, hat nur den Unterschied, dass es mit einem Polfilter aufgenommen wurde. Vergleicht man die beiden unbearbeiteten Versionen, sieht man, dass man bei dieser Aufnahme „tiefer“ ins Wasser blicken kann: Der Polfilter hat etliches an Reflexionen herausgefiltert. Das Wasser zeigt sich ansonsten auch wieder frisch, prickelnd und schäumend, was durch die kurze Belichtungszeit vorgegeben ist.

Bei diesem Bild will ich, dies aber nur teilweise, einen Kollodium-Nassplatten-Effekt im Bild simulieren. Diese Nassplatte war eine um 1850/51 von Frederick Archer und Gustave Le Gray entwickelte fotografische Platte. Dabei erzeugte man mittels eines Negativverfahrens, Ambrotypie genannt, eine Fotografie. Dabei musste der Fotograf ein halber Chemiker sein: Für dieses nasse Kollodium-Verfahren, das schnell verarbeitet werden musste, putzte man zwei Glasplatten, übergoss sie mit einer Lösung von Kollodiumwolle (eine Form der nitrierten Cellulose, entstanden durch die Einwirkung von Salpeter und Schwefelsäure auf Baumwolle, sie ist wasserunlöslich) Jod- und Bromsalzen (z.B. Natrium- oder Kaliumjodid/bromid) die man in Ethanol und Äther auflöste. Auf der Glasplatte bildet sich dabei dann eine gallertartige Schicht, die man im Dunkeln (ein Reisefotograf musste deshalb früher immer ein Dunkelzelt mit sich führen, der Begriff Dunkelkammer ist heute noch jeden Fotografen ein Begriff) in ein Bad aus Silbernitrat. In der Silbernitratlösung wandeln sich die Jod- und Bromsalze in Silberjodid und Silberbromid um, die sich in der Kollodium-Schicht fein verteilen. Dies funktioniert nur in völliger Dunkelheit. Durch die Begebenheit der Elektrochemischen Spannungsreihe, bei den Metallen unterscheidet man zwischen edlen Metallen wie beispielsweise Gold und Silber, und unedlen Metallen wie Kalium, Natrium oder Magnesium, haben die edlen Metalle ein hohes Standardpotenzial, die unedlen Metalle ein niedriges, im negativen Bereich bis -3,05V reichendes Standardpotenzial. Das heißt, je unedler das Metall und niedriger sein Potenzial, desto anfälliger ist es, sich in Säure aufzulösen. Weiß man dann noch aus dem Chemieunterricht, dass Metallsalze aus positiven Kationen (das Metall) und negativen Anionen (Rumpf der Säuren ohne den Wasserstoffteilchen, diese sind durch das Metall ersetzt) bestehen, versteht man, dass, taucht man eine in der Spannungsreihe unedler angesiedelte Metallplatte in eine Metallsalzlösung eines edleren Metalls, sich das unedlere Metall mit dem Anion verbindet, es wird oxidiert, und umgekehrt wird die Metallsalzlösung reduziert, und das edlere Metall wird freigesetzt. Auch Anionen unterliegen einer Spannungsreihe. Je aggressiver eine Säure, desto leichter kann ich die Anionen einer Salzlösung austauschen. Übergieße ich beispielsweise Natron mit Salzsäure, entsteht Kochsalz und es entsteht Kohlensäure, in diesem Fall Kohlendioxid. Bei diesen chemischen Prozessen wird Energie freigesetzt. Ein Beispiel für diese Reaktionen findet man überall im täglichen Leben: Ohne Batterien ginge bei uns vielfach nichts mehr, der Aufbau einer Batterie beruht auf diesem Prinzip. Und jeder kennt noch die Veranschaulichung im Chemieunterricht, wo der Lehrer aus einem „Kupferpfennig“ mit dem Eintauchen in eine Silbernitratlösung einen „Silberpfennig“ machte. Das edlere Metall wird immer „ausgefällt“. Genau dieses Prinzip findet auch in der Dunkelkammer in etwas abgewandelter, noch verfeinerter Form ab. Man nimmt als Nächstes die präparierte Platte aus dem Bad und bringt diese mit der noch anhängenden Silbersalz-Lösung in ein lichtdicht schließendes Kästchen, befördert dieses in die Kamera und setzt es dem Licht aus. Dann übergießt man es in der Dunkelkammer mit einer Eisensulfatlösung. Dadurch wird Silber ausgefällt, das sich als dunkles Pulver auf die belichteten Stellen der Platte niederschlägt, und zwar umso stärker, desto intensiver das Licht auf die jeweilige Stelle eingewirkt hat. Diesen Prozess verstärkt man nochmals durch einen zweiten „Aufguss“ aus Eisensulfat und einer Silbercitratlösung (Salz der Zitronensäure). Schließlich „fixiert“ man das jetzt vorliegende Negativ, indem man mit einer Lösung von Natriumthiosulfat das Silberjodid und Silberbromid herauslöst, das Bild wäscht und mit Alkoholfirnis überzieht. In dem letztlich entstandenen Glasnegativ erscheinen, schaut man durch die Glasplatte, die hellen Originalteile dunkel und die dunklen Originalteil hell. Hält man die Platte vor einen dunklen Hintergrund, sieht man ein positives Bild, weil an den durchsichtigen Stellen jetzt den Hintergrund schwarz sieht und umgekehrt das Silber, das auf den dichten Stellen des Negativs liegt weiß erscheint. Dies ist der Effekt der Ambrotypie. Diese Glasplatten waren sehr empfindlich gegen Kratzer und empfänglich für Verunreinigungen, weshalb eine Eigenart einer Nachstellung dieses Effekts sich heute durch das Einbringen von Kratzern und Flecken manifestiert hat.

Das Bild wurde aufgenommen im Silbergrund am Silbergraben nahe des Gerastollens etwas abseits vom Rundwanderweg der Talsperre Ohra bei Luisenthal zwischen Ohrdruf und Oberhof im Landkreis Gotha am Punkt Luisenthal 9.

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