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Ani Malisch


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Seepferdchen


Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten
Die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
Tanzten harmonisch umeinand,
Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
Wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn
Auf dass ich ihr folge, sie hasche,
Und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellte sich froh,
Schnappte nach einem Wasserfloh,
Und ringelte sich
An einem Stengelchen fest und sprach so:
Ich liebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
Du trägst ein farbloses Panzerkleid
Und hast ein bekümmertes altes Gesicht,
Als wüsstest du um kommendes Leid.
Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnass!
Wann war wohl das?
Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen?
Es ist beinahe so, dass ich weine -
Lollo hat das vertrocknete, kleine
Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen.

Joachim Ringelnatz

Comments 3

  • Daniel Liebscher 31/01/2007 20:23

    Feine Kombination von Bild und Gesicht! Das Pferdchen hast sich zwar gut versteckt, aber durch die schöne Kulisse gefällt mir das Bild richtig gut! LG Daniel
  • Frank Siegwarth 31/01/2007 11:31

    Vom Motiv her schön, leider etwas unscharf!
    Ich weiß, Seepferdchen wackel immer hin und her und hin und her...:-)

    SG
    Frank
  • leer 28/01/2007 21:59

    Sehr schön.Gar nicht so einfach die kleinen zu fotografieren.
    Ein sehr schönes Gedicht
    LGTanja