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Gefahr erkannt, Gefahr gebannt... [ + viel Text + ]

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Patrick Rehn


Premium (World), Bebra-Lüdersdorf

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt... [ + viel Text + ]

Im Eisenbahnbetrieb kommt es immer wieder zu Störungen und dadurch zu Verzögerungen. Ende Januar beispielsweise löste ich in Kassel Rbf einen Sonderzug des kombinierten Ladungsverkehr von Köln-Eifeltor nach Verona Q.E. ab. Dieser konnte aufgrund von Bauarbeiten im Großraum Mainz nicht den "gewöhnlichen" Weg über die Strecken durch das Rheintal nehmen. Zudem war auch die Fahrt über die Ruhr-Sieg-Strecke nicht möglich, weil die Tunnel eine Passage des Zuges nicht zugelassen hätten.

Bei der Durchfahrt des Bahnhof Guntershausen funkte mich der Fahrdienstleiter an, dass ein Lokführer eines ICE in Kassel-Wilhelmshöhe starke Flachstellen vernommen hätte und ihm diese nun ebenfalls aufgefallen seien. Einen exakten Wagen konnte er mir dabei allerdings nicht nennen, was in der Tat auch immer schwierig ist, nur das er ungefähr im letzten Drittel des Zuges sei.

Zur Erklärung: Eine Flachstelle entsteht dann, wenn der Druck der Bremsklötze gegen das Rad so groß ist, dass das Rad sich nicht mehr drehen kann und die Achse blockiert. Dadurch wird beim Gleiten über den Schienenkopf (Metall auf Metall) Material abgetragen. Flachstellen können dabei unterschiedlich groß bzw. lang sein, bis zu einer bestimmten Toleranzgrenze kann ein Wagen jedoch noch eingesetzt werden.

Ich ließ mich daraufhin in Körle auf ein Nebengleis leiten und untersuchte den Zug: Logischerweise kann man bei einem stehenden Zug keine schlagenden Geräusche mehr feststellen, aber durch die Tatsache das das Rad nicht mehr rund läuft erwärmt sich logischerweise auch das Achslager. Dies führt im Extremfall soweit, dass das Achslager ausglüht und die Achse keine Führung mehr besitzt, was unweigerlich zur Entgleisung führt. Ein weiterer Faktor, besonders in der kalten Jahreszeit, ist das Risiko das ein Schienenbruch entstehen kann: Durch die einwirkenden Witterungseinflüsse zieht sich das Material zusammen und steht unter einer gewissen Spannung. Trifft nun eine Flachstelle auf eine möglicherweise ohnehin schon schadhafte Stelle am Gleis muss man sich dies wie einen Hammerschlag vorstellen, welcher die Schiene tatsächlichen entzweien kann...

Bei meiner beidseitigen Kontrolle des Zuges (wozu zeitweise auch eines der beiden durchgehenden Hauptgleise gesperrt werden musste) in Körle konnte ich, da ich bis hierher hinter einer auf allen Stationen haltenden RegioTram nach Melsungen hergefahren war und daher nirgends schneller wie 60 oder 70 gefahren war, keine Abweichungen feststellen. Die eingesetzten Güterwagen für den Transport von Sattelaufliegern, Wechselbrücken und Containern erlauben es zudem nur noch sehr bedingt die Lauffläche der Räder in Augenschein nehmen zu können. Im dümmsten Fall steht die betroffene Achse exakt auf der Flachstelle.

Da das letzte Drittel des Zuges bis auf einen Wagen jedoch ausnahmslos aus solchen Wagen mit neuen Kunststoffbremsklötzen bestand hatte ich einen Wagen "in Verdacht", so dass ich meine Fahrt in Absprache mit der Disposition Richtung Bebra fortsetzte. Ich bat dann die beiden Fahrdienstleiter der Bahnhöfe Beiseförth und Heinebach um Unterstützung bzw. eine weitere Zugbeobachtung. Einer der beiden konnte mir sogar den exakten Wagen beschreiben, zwar nicht anhand der Wagennummer, aber anhand der Beladung. Durch die Frachtpapiere konnte ich den Wagen dann lokalisieren und den Kollegen in Bebra vormelden, welche meinen Zug bei der Einfahrt beobachten sollten.

Noch bei der Einfahrt wurde ich darüber in Kenntnis gesetzt, den Zug zu stauchen und zu halten, man würde den Wagen mit Hilfe einer örtlichen Rangierlok aussetzen. Während des "Zwangsaufenthalt" konnte ich den Zug bei winterlich-trüben Verhältnissen mit dem bekannten Wasserturm in Szene setzen.

Aufnahmedatum: Mittwoch, 25. Januar 2017 - 15:19 Uhr

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