Ende einer Dienstreise

Völlig erschöpft von der aufregenden Geschichte hingen Ignaz und Kilian in den Rabatten, doch die Lösung schien greifbar, und die wollten sie keineswegs verpassen. … und Leopold fuhr fort:

„Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zu der Mauer, auf der die gefangenen Zwerge wie jeden Tag in der gleißenden Sonne standen und unterbreitete ihnen meinen Plan. Natürlich wusste ich nicht, ob es so funktionieren würde, wie ich mir das in der Nacht ausgedacht hatte. Aber einen Versuch war es Wert. Was sonst konnte ich auch tun, um den sieben Zwergen und ihrem Schneewittchen zu helfen? So kamen wir denn überein, dass ich das Pulver aus der geraubten Dose über den Betonfüßen der Zwerge verteilen würde. Danach müssten sie nur noch auf Regen warten, was zugegebenermaßen in dieser Gegend eine Geduldsprobe darstellte. Doch auf ein paar Tage mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an, und man zeigte sich allgemein erfreut, dass die Rettung nahe war.

Nach getaner Arbeit beschloss ich, die verbleibenden Tage am Mittelmeer zu genießen, denn es schien mir, dass ich mir das redlich verdient hätte. So suchte ich denn das erste Haus am Platze auf, um mich am Ausblick zu ergötzen, und es störte mich nicht einmal, dass die brennenden Sonnenstrahlen begannen, meine Kleider ein wenig auszubleichen.
Ich fand, dass eine gewisse Patina meinem Aussehen etwas mehr Würde verleihen und mich reifer erscheinen
lassen könnte.

Zufrieden mit mir und meinen Taten wartete ich auf den Regen, und ich schob sogar noch ein paar kulturelle Erkundungen ein, besichtigte die alte Kirche am Strand und unterhielt mich mit der Statue der Königin Margherita,
die ihren Standort am Meer mit der wunderbaren Aussicht genoss, wie sie mir lebhaft versicherte.

Als wenige Tage später um die Mittagszeit von Westen ein Gewitter aufzog, eilte ich zum Tatort, und tatsächlich ging mein Plan auf. Die anfänglich sacht fallenden Regentropfen lösten das Pulver vorsichtig auf und begannen, auf die Betonfüße zu wirken. Langsam fraß sich die aggressive Mischung in die festen Klötze hinein, und als der Platzregen einsetzte, wusch das Regenwasser die Reste zügig fort. Die befreiten Zwerge begannen, auf der Mauer zu hüpfen und zu tanzen. Dabei sangen sie so laut ihr „Heiho, heiho, da sind wir wieder froh …“, dass ich um Entdeckung fürchtete und sie schnell zur Ordnung rief. Ich befahl ihnen, augenblicklich herunterzuspringen und mir zum Bahnhof zu folgen.
Erst als die zuvor Befreiten endlich in einem Gepäckwagen verstaut und abgereist waren, atmete ich auf.
Dieses Abenteuer war bewältigt, und ich fühlte mich reif für einen kleinen Urlaub.“

Ignaz seufzte ergriffen und Kilian wischte sich gar eine Träne der Rührung aus dem Auge.
Ja, so war er, der Leopold, ein wahrer Held! Das hatten sie immer schon gewusst!

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Exif

Camera Canon PowerShot S45
Lens ---
Aperture 6.3
Exposure time 1/1000
Focus length 7.1 mm
ISO ---