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Nicht nur Feindesblut rötet die Freiheit

Nicht nur Feindesblut rötet die Freiheit

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smokeonthewater


Premium (World), Berlin

Nicht nur Feindesblut rötet die Freiheit

[Freedom Square vor der Russischen Botschaft, Unter den Linden 63 • Berlin, 24.2.2023]

Zum 209. Geburtstag des größten ukrainischen Dichters, Taras Schewtschenko
(9. März 1814 Morynzi bei Kiew – 10. März 1861 St. Petersburg)

DAS VERMÄCHTNIS (1845)

Wenn ich sterbe, so bestattet mich auf eines Kurhans* Zinne,
mitten in der breiten Steppe der geliebten Ukraine –
dass ich grenzenlose Felder und den Dnipr und seine Schnellen
sehen kann und hören möge das Gebraus der großen Wellen.

Wenn sie von der Ukraine schwemmen fort ins Meer und schleppen
Feindesblut und Feindesleichen, dann verlass’ ich Berg und Steppen,
schwinge bis zum Gott empor mich von dem Sturme hingerissen,
um zu beten – doch bis dahin will von keinem Gott ich wissen.

Ja, begrabt mich und erhebt euch, und zersprenget eure Ketten,
und mit schlimmem Feindesblute möge sich die Freiheit röten!
Und am Tag, der euch die Freiheit und Verbrüderung wird schenken,
möget ihr mit einem stillen, guten Worte mein gedenken.

Deutsche Nachdichtung: Iwan Franko, 1903
Originaltext: "Sapowit" http://litopys.org.ua/shevchenko/shev146.htm
* Kurhan https://de.wikipedia.org/wiki/Kurgan_(Grabh%C3%BCgel)

Comments 15

  • T. Schiffers 11/03/2023 18:53

    leider eine erschreckende bilanz...wird zeit, das der "wahnsinn" ein ende findet...! tino
  • ralf mann 10/03/2023 13:22

    Feine Dichterzeilen lese ich und denke, wie aktuell sie doch sind. Feinsinnig und passend von Dir ausgewählt. Auch Deine Bildpräsentation mit Titel beeindruckt. Mit Interesse lese ich auch das andere Gedicht im Link. Dort heißt es zuletzt: Vergessen Sie nicht, weich zu werden. Will doch heißen, trotz des Krieges sollen die Herzen nicht verhärten und frei bleiben für Menschlichkeit und Gefühle, was durchaus nicht leicht ist, bei all der Brutalität des Feindes und dessen Abwehr. Gruß Ralf
    • smokeonthewater 10/03/2023 21:57

      Das "andere Gedicht" ist das ukrainische Original. Mit Google-Übersetzung weicht der Text natürlich von der Nachdichtung ab. Das Weichwerden bezieht sich auf die Zeit nach dem Krieg, wenn Versöhnung gefragt ist. Das kann Jahrzehnte dauern.
      LG Dieter
    • ralf mann 10/03/2023 22:10

      Ist mir alles klar, Dieter.
  • Zwecke 10/03/2023 10:01

    Der Botschafter muss doch weiße Haare bekommen, nach den vielen Aktionen vor seinem Haus.
    Ob deine Fotos je den Putin erreichen???
    Von Putin selber existieren inzwischen ca. 52719 Stockbilder im Internet, alles in HD.
    LG Horst
  • homwico 09/03/2023 23:57

    Irgendwie ist es immer noch wie ein Alptraum.....
    Und man sagt sich: Es kann doch nicht sein, dass dies mitten in Europa geschieht.
    LG homwico
    • smokeonthewater 10/03/2023 10:11

      Und wir müssen aufpassen, dass sich dieser Wahnsinn auf die Ukraine beschränkt. Täglich kolportiert der Westen, dass ihm selbst die Munition zur Verteidigung fehlt. Klingt fast wie eine Ermutigung für Putin.
      LG Dieter
  • anne47 09/03/2023 21:56

    Ein berührendes Gedicht, ein Ausdruck der Liebe zu seiner Heimat. Und auch bei diesem Dichter spürt man den Wunsch, die Zukunft der Ukraine als freies Land zu erkämpfen, koste es auch viel Blut und Tränen.
    Die Zahlen, die auf dem Foto genannt werden, sind bestimmt viel zu niedrig und  inzwischen auch wieder angestiegen, auf beiden Seiten, aber Putin macht weiter. Nun riskiert er auch noch eine Zerstörung des Atomkraftwerks Saporischschja - dieser Mensch ist ein Verbrecher. Ihm ist sogar sein eigenes Volk völlig wurscht. Da helfen auch keine Küchenmaschinen. Wen sollen die Frauen noch bekochen, wenn die Männer im Krieg gefallen sind?
    LG Anne
    • smokeonthewater 10/03/2023 10:09

      Das Gedicht zeigt, dass die Ukraine schon immer im Kampf mit den russischen Zarenreich lag, das die ukrainische Sprache und Kultur auslöschen wollte, indem es diese Sphäre in Großrussen, Kleinrussen und Belarussen untergliederte. Polen, Preußen und die Habsburger wollten auch immer ein Stück vom ukrainischen Kuchen haben. Schewtschenko beflügelt das Nationalbewusstsein bis heute.
      Küchenmaschinen und Slow-Food-Kochautomaten sind einfach nur zynisch. Noch zynischer: In den Gebieten am Nordpolarkreis erhalten die Mütter geschlachtete Hirsche und Rentiere. Dann können sie sich beim Zerlegen ein besseres Bild von ihrem Gefallenen machen.
  • smokeonthewater 09/03/2023 17:17

    Bevor sich Putin-Trolle über die geringe Zahl der gefallenen ukrainischen Soldaten aufregen: Ja, es sind bestimmt mehr als 8.006; diese Zahl hätte man im Interesse der Glaubwürdigkeit der anderen Zahlen weglassen sollen. Wahrscheinlich sind es über 100.000. Präsident Selenskyj hat mit seinem Volk quasi eine Übereinkunft getroffen, wonach die Zahl der Gefallenen nicht verbreitet werde, da sie den Blick auf die Freiheit trüben und die ungebrochen hohe Moral untergraben könne.

    Auch Russland kommuniziert nicht seine Opferzahlen, jedoch aus anderen Gründen: damit das Ausmaß des Desasters der "SpezOp" nicht bekannt wird.

    Die täglich vom ukrainischen Verteidigungsminister bekannt gegebenen Zahlen über russische Verluste haben zwei Quellen zur nachträglichen Verifizierung:
    • die niederländische NGO Oryx, die mit ukrainischen Aktivisten zusammenarbeitet https://www.oryxspioenkop.com/2022/02/attack-on-europe-documenting-ukrainian.html, https://de.wikipedia.org/wiki/Oryx_(Website)
    • ein Leak im russischen Verteidigungsministerium, das vor einigen Wochen den Abgleich der Zahlen mit den Entschädigungsfällen für die Familien der russischen Gefallen erlaubte und die ukrainischen Schätzungen bestätigte.

    Die Entschädigungen beinhalten schon lange keinen PKW Lada mehr, weil die Produktion nicht nachkommt. Den trauernden Müttern lässt Putin jetzt eine Küchenmaschine der Marke Galaxy im Wert von rund 1100 Euro überreichen, wie hier in Baschkirien:
    https://ufa1.ru/text/family/2023/03/07/72115235/