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Mittwochsfoto; Rohreblasen

Mittwochsfoto; Rohreblasen

2,648 12

Thomas Reitzel


Premium (World), Fountain, RP

Mittwochsfoto; Rohreblasen

Bw Heilbronn, 27.9.1970, ein Sonntag

In den Gleisen des Bw drängen sich Loks der Baureihen 23, 38, 44, 50 und 64,
von Sonntagsruhe trotzdem kaum etwas zu spüren.

Vor 23 039 des Bw Crailsheim hat man ein fahrbares Gestell, das Rohrblasgerüst, gerollt,
die Rauchkammertür ist offen und zwei Mann sind dabei,
mittels Druckluft die Rohre der Lok auszublasen.

Eine immer wiederkehrende, bestimmt nicht beliebte Drecksarbeit,
die die weniger glamouröse Kehrseite des Dampflokbetriebs zeigt.

Arbeitsschutz zur damaligen Zeit?
Weder dieses Gestell noch die Kleidung der Männer würde heute vor den Arbeisttschutzbestimmungen bestehen.


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Die bisherigen Mittwochsfotos:

Mittwochsfoto; Nachschuß als Hauptschuß
Mittwochsfoto; Nachschuß als Hauptschuß
Thomas Reitzel
Mittwochsfoto; "Sommertag" in Weinheim(Bergstraße)
Mittwochsfoto; "Sommertag" in Weinheim(Bergstraße)
Thomas Reitzel
Mittwochsfoto; Personenzug nach Eppingen
Mittwochsfoto; Personenzug nach Eppingen
Thomas Reitzel
Mittwochsfoto; Rangierfahrt anno 1970
Mittwochsfoto; Rangierfahrt anno 1970
Thomas Reitzel



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Comments 12

  • Patrick Rehn 06/03/2017 10:38

    Wieder einmal eine sehr sehenswerte Aufnahme, weitab der klassischen Aufnahmen auf freier Strecke oder mit Zug am Bahnsteig wartend oder durchfahrend.

    Vielen Dank, dass du deine Schatzkammer immer wieder für uns öffnest und hier zahllose deiner Aufnahmen zeigst.

    MfG, Patrick
  • Bill Jamieson 23/02/2017 7:31

    Das fahrbare Gestelle finde ich besonders interessant - nach meiner Kenntnis gab es keine solche Geräte bei den British Railways!
    VG Bill
  • Rainer Steger 18/02/2017 16:38

    Dampflokatmosphäre vom feinsten!
    VG Rainer
  • Matthias Buettner 17/02/2017 9:47

    Klasse Bild und interessante Infos für all diejenigen, die das nicht mehr erlebt haben. Danke also auch an Roststab und Makna für ihre ergänzenden Informationen und lebendigen Beschreibungen dieser schweißtreibenden, dreckigen Tätigkeit.
    Grüße, Matthias
  • Finnie Kennedy 16/02/2017 23:53

    How did I guess? - My favourite Loco ("only" a 2-6-2, to use our classifcation but what a powerful lady!)
  • Roststab 16/02/2017 12:15

    Ein feines Bild, das eine wenig geliebte Arbeit zeigt. Aber sie war bitter notwendig. So habe ich noch das Rohreblasen erlebt:

    Der Kessel einer Dampflokomotive ist anders aufgebaut, als ihn sich der Laie gemeinhin vorstellt. Räumen wir mit der Vorstellung auf, es sei ein mit Wasser gefüllter Hohlraum. Denn statt dieser Leere finden wir ein geordnetes Miteinander aus Rohren von unterschiedlichem Durchmesser. Die Rohre ziehen sich von der Feuerbüchse bis zur Rauchkammer durch den Langkessel. Oder anders gesagt, von da, wo die Kohle reinkommt, bis da, wo der Qualm und Dampf rauskommt. Damit wäre der Kesselaufbau auch schon fast komplett erklärt.

    Welche Aufgaben haben diese Rohre? Die Rohre bezeichnet der Fachmann als Heiz- oder Siederohre. Und damit ist ihre Aufgabe vollständig beschrieben. Sie sollen die Energie der heißen Abgase an das Wasser übertragen, damit Dampf entsteht. Wenn viele Rohre in einem Kessel sind, vergrößert sich dadurch die Oberfläche, an der ein Wärmeaustausch stattfinden kann. Es wird auch dem Nichtfachmann sofort klar, wenn die Rohre verstopft sind, können keine Rauchgase durchströmen und das Kesselwasser wird nicht warm. Nun, in der Praxis ist ein solcher Fall nur bei vier oder fünf ganz tief liegenden Rohren möglich. Und bei weit über hundert Rohren spielt das kaum eine Rolle. Weitaus bedeutender ist die Tatsache, dass sich an den Rohrwandungen Ruß absetzt. Ruß ist ein so schlechter Wärmeleiter, dass eine Schicht von einem Millimeter den Wärmeübergang um mehr als dreißig Prozent herabsetzt. Deshalb muss der Ruß regelmäßig entfernt werden. Bei jedem Haus kommt zweimal im Jahr der Kaminkehrer und entfernt den Ruß. Bei einer Dampflok ist das schon etwas anders. Ein Kaminkehrer kann da mit seinem Werkzeug nichts ausrichten. Es sein denn, jemand stellt die Lokomotive so auf, dass der Langkessel senkrecht steht.

    Man braucht also zuerst ein leichtes aber sehr stabiles Rohr, an dessen einem Ende eine Bürste mit vielen Luftdüsen ist. Am anderen Ende befindet sich ein Absperrhahn und Druckluftanschluss. Damit werden dann die Rohre gesäubert. Hört sich doch ganz einfach an oder nicht?

    Wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Zum einen, da wo man am besten an die Rohre drankommt, kann man nicht stehen, denn die Rauchkammer ist vollgestopft mit nützlichen Dingen wie Blasrohr, Dampfsammelkasten, Einströmrohren, Ausströmrohren, Überhitzerelementen, Nässeinrichtung und Funkenfänger. Da geht es also nicht. Bleibt noch die Rauchkammerstütze und Pufferbohle. Vergessen wir das auch ganz schnell, da liegt man eher unten, als dass man ein Rohr gesäubert hat. Zum anderen, ist eigentlich schon erwähnt worden, dass eine Lanze, so nennt man die Reinigungsvorrichtung, zwischen sieben und zehn Meter lang ist? Sie muss durch den gesamten Langkessel geführt werden. Das kostet Kraft, mit einfachem Durchschieben ist es nicht getan. Die Rohroberfläche soll dabei möglichst glatt und blank werden. In den Bahnbetriebswerken gab es früher für solche Arbeiten eine besondere Vorrichtung, ein sogenanntes Rohrblasgerüst. Hier existierte eine Aufhängung für die Lanze, damit nicht zusätzlich Kraft zum Heben derselben benötigt wurde. So etwas fehlt bei uns in Dahlhausen. Wir kuppelten stets einen Flachwagen vor die Lok und bauten mit Bohlen einen Übergang. Mittels dieser Technik konnte die Lanze nun gefahrlos (nicht mühelos) durch die Rohre geschoben werden.

    Ein heißer Samstagnachmittag im Juli. Das Rohreblasen für die T 12 steht auf dem Arbeitszettel. Vier Mitarbeiter der Planmannschaft hatten sich eingefunden und begaben sich ans Werk. Die T 12 wurde vor den Schuppen gezogen und der Flachwagen angekuppelt. Luftschläuche schaffte man herbei und baute aus Bohlen den Übergang zwischen Lok und Wagen. All das war schon schweißtreibend aber ein Kinderspiel gegen die eigentliche Arbeit. Die Rauchkammer war nach dem letzten Einsatz von der Lösche gesäubert worden, so dass der Ausbau des Funkenfängers durch zwei Mitarbeiter ohne Schwierigkeiten erfolgte. Trotzdem, einer musste dazu in die Rauchkammer klettern. Mit russverdrecktem Arbeitszeug und natürlich ebensolchem Gesicht tauchte er aus der Versenkung wieder auf. Die andere Crew präparierte derweil die Lanze. Jetzt kam ihre große Stunde. Einer stellte sich an die Rauchkammer, und nahm die bürstenbestückte Seite in Empfang und platzierte sie in das erste zu reinigende Rohr. ”Fertig!” Auf Kommando öffnete der andere den Druckluftabsperrhahn und schob mit aller Macht die Lanze in das Rohr. Es sah aus, wie beim Saustechen. Nur statt eines Spießes hatte man eine Lanze, bei deren Versenken eine gewaltige schwarze Wolke aus der Rauchkammer quoll. Hätten die beiden keinen Atemschutz getragen, ihnen wäre ohne jeden Zweifel die Luft weggeblieben. Zehn Rohre schafften sie, dann war die andere Truppe war an der Reihe. So ging es im ständigen Wechsel. Der Schweiß floss in Strömen, und der aufgewirbelte Ruß ließ die Jungs nach kurzer Zeit in tiefstem Schwarz erscheinen. Einzig der Bereich um Mund und Nase war davon ausgenommen. Doch im Laufe der Zeit wandelte sich auch diese Partie. Im Gesicht waren nur noch die Zähne strahlend weiß. Sie sahen aus wie Bergleute vor Kohle. Nach zwei Stunden war das Rohreblasen dann doch beendet. Abbauen und Aufräumen war nur noch eine Kleinigkeit. Das Duschen nach der Arbeit dauerte dagegen wesentlich länger. Wer wollte schon mit schwarzen Rändern um die Augen in die Disko gehen?
  • Matthias Hübscher 16/02/2017 10:45

    Danke!
    Ein sehr seltenes Doku-Foto am Mittwoch.
    VG,
    Matthias
  • Bernd Freimann 15/02/2017 23:21

    Da gehörte viel mehr dazu die Lok in Bewegung zu setzen, als einfach einschalten und losfahren. Wobei mir natürlich klar ist, dass auch bei modernen Loks und Triebwagen eine ganze Menge Kontroll- und Vorbereitungen nötig sind.
    Gruß aus Berlin
    Bernd Freimann
  • Haidhauser 15/02/2017 18:08

    Ein allerbestes Bild von der tagtäglichen Arbeit!
    Top!!!
    LG Bernhard
  • BR 45 15/02/2017 10:58

    Super hast Du hier eine Szene ins Bild gesetzt welche wohl kaum
    ein Eisenbahnfreund von heute nachvollziehen kann.
    Super auch die Am von Manfred dazu !!!
    Auch ich muß gestehen, das ich solche Rohrblasgerüste nur noch vom
    "Hörensagen" kenne denn bei meinen früheren "Bw-Besuchen"
    hab ich keins davon bewußt gesehen oder zur Kenntnis genommen.
    Gleichwohl weiß ich nicht ob der "Rußbläser IFS bzw.der DB"
    diese schmutzige Arbeit überflüssig gemacht hat ?
    Grüße Andy
  • Thomas Reitzel 15/02/2017 9:53

    Danke Manfred, besser könnte man die damaligen und heutigen Umstände nicht schildern.

    Was den Mühldorfer Lokführer angeht, den Du getroffen hast:
    Womöglich handelt es sich um denselben Mann, der bei der Heimfahrt von Passau nach Karpfham den 628 fuhr und mit dem eine sehr freundliche, wenn auch leider zu kurze Unterhaltung in Gang kam, die genau diese Freude am Beruf und dem Dienst auf der nicht bei jedem Kollegen beliebten Rottalbahn zum Inhalt hatte!
  • makna 15/02/2017 9:43

    Das war mit eine der dreckigsten Arbeiten, die es im Dampflok-Alltag gab !!!

    Heutige Lokomotivführer auf ihren elektronischen Drehstromloks
    können sich das sicherlich nicht richtig vorstellen, was einst
    zum Beruf gehört hat ... DIESEN Beruf würden sie mit
    dem Dreck dann doch nicht ergreifen wollen ... ;-)

    ... während ich vorgestern einen 47-jährigen Mühldorfer 628-Kutscher traf,
    der erst mit 45 Jahren zur Bahn gekommen ist und von seinem Beruf
    schwärmt: Die Schichten machen ihm nichts aus, der Arbeitsplatz
    (ob auf 628, 218 oder 245 - er fährt sie alle) ist meist sauber,
    und Touren wie auf der Rottalbahn beispielsweise sind
    für ihn (bei Tageslicht) auch optisch ein Genuß !!!

    Damalige Lokomotivschlosser (die Vorstufe zum Lokführer),
    Schuppenmänner (Frauen gab's in dem Beruf nicht),
    Heizer und dann eben Lokomotivführer aber
    kannten es nicht anders ... und waren
    ganz stolze Berufs-Eisenbahner !

    Viele sagen: Eine Zeit, die nicht wiederkommt, und ein Arbeitsethos,
    das heute nicht mehr zu finden sei. Da widerspreche ich: Wenn
    auch die Bahn nicht mehr die "Eisenbahnerfamilie" darstellt
    wie in früherer Zeit von "alter Bundesbahn" und genau
    so der ehemaligen DDR-Reichsbahn, so gibt es
    auch heute noch Eisenbahner mit Stolz auf
    ihre Arbeit, auf "ihre Bahn" - der zuvor
    erwähnte 47-jährige Mühldorfer
    und auch ein fc-Freund von
    DB Fernverkehr sind da
    beispielhaft ... :-)

    ... und dass das Rohreblasen im Alltag (außer z.B. bei der HSB und anderen Bahnen
    mit noch täglichem Dampfbetrieb) verschwunden ist, stört keinen - will doch der
    "normale Eisenbahnfreund" vor allem "Dampf-Action" sehen, wenn es aus
    dem Schornstein und den Zylinderhähnen eine Dampfwolke
    vom Feinsten gibt, die attraktiv ins Bild kommt !

    Insofern hast Du mit Belichten dieser Szene dem echten Dampflok-Alltag
    ein würdiges Denkmal gesetzt !!!

    BG Manfred

    Harte Arbeit
    Harte Arbeit
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