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Mehr Licht!

Jena, in Schillers Gartenhaus, Kammer des Dieners Gottlieb Rudolf, 2012

„Ich musste dieses Mittel ergreifen, ein eigen Haus und Garten zu kaufen, weil ich sonst gar keine Möglichkeit sehe, mich an die freie Luft zu gewöhnen, die mir so nöthig ist.“

„Am Abend des 30. April begegnete ich Goethe zum letzten Male vor meinem Haus, als ich gemeinsam mit meiner Schwägerin Karoline auf dem Weg ins Theater war, wo Schröders Lustspiel „Die unglückliche Ehe aus Delikatesse“ gegeben wurde. Goethe fühlte sich aufgrund seiner Erkrankung immer noch nicht wohl genug, um uns zu begleiten.

Als das Stück endete, kam Voß wie gewohnt zu mir in die Loge, um mich nach Hause zu begleiten und fand mich in einem solch heftigen Fieber, dass mir vom Schüttelfrost die Zähne klapperten. Schon auf dem Weg ins Theater war mir mein Zustand seltsam vorgekommen, denn ich spürte mit einem Male den Schmerz meiner linken Seite nicht mehr, der mich jahrelang begleitet hatte.

Zu Hause angekommen, ließ ich mir zur Stärkung einen Punsch machen, und Voß fand mich am Morgen des 1. Mai völlig apathisch auf dem Sofa liegend. Meine Kinder kamen zu mir und küssten mich, was ich teilnahmslos hinnahm, ohne darauf zu reagieren. Lotte ließ mein Bett im Arbeitszimmer aufstellen und benachrichtigte Doktor Huschke, da Professor Stark mit der Großfürstin in Leipzig weilte. Huschke tat alles Mögliche, um mir zu helfen, doch es fehlte ihm die Erfahrung, denn er hatte eine solche Krankheit noch nie behandelt und diagnostizierte in seiner Unwissenheit ein rheumatisches Seitenstechfieber, ohne zu ahnen, dass es sich um eine akute Lungenentzündung handelte.

Anfangs empfing ich Besuch, doch da das Sprechen meinen Husten vermehrte, war es mir am Liebsten, wenn Lotte und ihre Schwester alleine um mich waren, und auch als Voß sich erbot, weiter des Nachts an meinem Bett zu wachen, blieb ich lieber mit meinem treuen Diener Rudolph alleine. Ich sehnte mich sehr nach dem Besuch meines Schwagers, der sich jedoch ebenfalls in Leipzig aufhielt.

Bis zuletzt beschäftigte mich mein Demetrius, und obwohl ich mir selbst verbot, meinen Zustand bewusst wahrzunehmen, versuchte ich meinen eigenen Worten: „Der Tod könne kein Übel sein, da er etwas Allgemeines sei“, zu vertrauen. Die Ängste kamen trotzdem, nicht nur vor dem Unausweichlichen, sondern auch davor, meiner Familie „Adieu“ sagen zu müssen – sie alleine zu lassen, wo meine jüngste Tochter gerade erst auf der Welt war.

Wie gerne hätte ich manches noch ausgesprochen, doch am 6. Tag schwand meine Sprache, und aus Angst vor Schmerzen bat ich Gott, er möge barmherzig sein mit mir und dem Leiden schnell ein Ende setzen. Sobald ich schlief, sprach ich im Delirium und sah im halbwachen Zustand, wie sich der Vorhang zwischen der irdischen und geistigen Welt langsam öffnete und mir ein Einblick gewährt wurde, der mich ruhig werden ließ.

Ich fragte, ob das die Hölle oder der Himmel sei, und beim Erwachen blickte ich zufrieden lächelnd in die Höhe, um dem Lichtwesen nachzusehen, das mir tröstend erschienen war, um mich abzuholen.

Noch einmal verlangte ich meine jüngste Tochter zu sehen, um sie ein letztes Mal zu betrachten und ihre kleine Hand zu halten. Mein Innerstes war voller Ruhe, und ich bat darum, man möge die Vorhänge öffnen, denn ich wollte noch einmal den Himmel sehen.

In der folgenden Nacht kreisten die Gedanken wieder um den Demetrius, und am Morgen des 9. Mai 1805 schlief ich bis gegen zehn Uhr, und da ich darüber klagte, dass mir Angst ums Herz sei, verordnete mir Doktor Huschke die anstrengende Maßnahme eines Bades, mit dem ich mich schwer tat.

Um meinen Kreislauf zu stärken, gab er mir ein Glas Champagner, doch dann trat Besinnungslosigkeit ein. Ich sprach im Delirium und erkannte keinen Menschen mehr, auch nicht Lotte, die verzweifelt neben meinem Bett kniete und meine Hand hielt. Gegen drei Uhr nachmittags trat vollkommene Schwäche ein, mein Atem fing an zu stocken, und es fuhr wie ein elektrischer Schlag durch mich hindurch, bevor sich der irdische Vorhang schloss und mir der himmlische geöffnet wurde.“

http://www.schiller-biographie.de/index.php?id=184

Bilder einer Freundschaft
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Für Sie immer noch "von Schiller"!
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Herr Professor Schiller auf dem Weg zur Antrittsvorlesung in Jena
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Remedium
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The Ater Café
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Schiller als Schiller
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Nicht der Spiegel zeigt Dir das Bild, sondern dein Geist
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Farben sind Taten des Lichts
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Scherenschnitte
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Comments 73

  • jbd68 18/07/2018 0:14

    sehr cool so, Glückwunsch zum Startseitenpic(k), VG Björn
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  • Gert Rehn 03/08/2014 15:23

    lieber eckhard, aktuell ist für mich, was mich gerade bewegt und da suche ich mir bei Feunden das Passende heraus. Ich nehme es nicht übel, wenn Du meine "alten" Sachen kommentierst, denn die sind oft auch aktuell.

    ja ich las wohl zu schnell: und nur Schiller
    aber der lebte auch nicht pompös.

    Die weiteren Artikel betr. Schul-Schreiben muss ich mal in der Biblio suchen.

    Ich schick Dir mal eine Ansichtskarte mit Kurrentschrift;-)
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  • Gert Rehn 03/08/2014 13:45

    gerne wieder ;-)
  • Gert Rehn 03/08/2014 13:44



    Es sind zwar federkiele vorhanden an Schillers Bett. Was sollte er damit? sich Gedanken herauskitzeln? Ich denke eher, das ist ohne Überlegung gemacht, denn ein Tintenfass gehörte schon dazu.
    Und da bin ich bei meinem wesentlichen Anliegen: In der FAZ erschienen in den Sonntagsausgaben mehrere Artikel über das Schreiben in den Schulen. Die einen wollen nur noch mit Tastatur schreiben, die anderen nur noch mit Großbuchstaben und das Schreiben mit Stift oder griffel scheint auch obsolet zu werden.
    Dagegen hält aber die TU Chemnitz mit der Ferienbetreuung der Kinder von Uni-Angehörigen: sie üben schreiben mit der Redisfeder und den kindern hat es Spaß gemacht. Ich selbst schreibe ab und an mit dem Füllfederhalter auf Büttenpapier und dann ev. auch noch in Kurrentschrift. Demnächst muss ich mal die Gänsefeder probieren. Also das Gefühl mit der Hand zu schreiben, ist unerreicht. Und die Dummheit, das abzuschaffen, auch.

    HG Gert
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  • Markus Novak 16/08/2013 19:39

    das hab ich übersehen ... also das war die Kammer von Schillers Diener? Ein beschauliches Zimmer in dem nichts einen Autor vom Schreiben abgehalten hätte ...aber Schiller schrieb da wohl eher nicht ..
    Schönes Stillleben!
    LG markus
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  • Gert Rehn 29/08/2012 21:54

    habe Frau Seidel eine Mail gesendet, ihre Seite ist zwar wunderbarm droht aber ins erdichtete-romantische abzugleiten. Wissenschaftliche Belege für das Verhalten und den Ablauf eines Lebens sind sicher besser. In Biografien wird viel dazugedichtet, weggelassen und geschönt. Lieber Eckhard, bloß gut dass ich nicht berühmt bin, sonst würde mir auch manches untergeschoben. vG Gert
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  • Gert Rehn 29/08/2012 4:02

    So könnte Schiller seine Biografie beendet haben. Das ist sehr authentisch beschrieben aber auf der wiki-Seite das Zitat nennt keinen Autor, ist es Lehmann? dessen Buch habe ich verschlungen. Nur mit dessen negativer Beurteilung der Maximen von G. und S. verfasst kann ich mich nicht anfreunden, lieber Eckhard. Was sagen die gelahrten Herren in Jena? Hg Gert
    Ach ja, da war noch was, dein Detailfoto von Bett und Nachttisch des Dieners. Sehr schön, ohne Wecker. Der Wecker war Schillers Glocke. ;-) HG Gert
    Ich stelle fest dass ich in meiner vorigen Anm. Gisela Seidel als Autorin nannte, woher hatte ich diese Weisheit nur?
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