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Jagdspinne mit erbeuteter Radnetzspinne

Jagdspinne mit erbeuteter Radnetzspinne

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Weißwolf


Premium (World), Güstrow

Jagdspinne mit erbeuteter Radnetzspinne

In der Bundesartenschutzverordnung stehen fünf Spinnenarten; tatsächlich sind aber derzeit sechs geschützt, da eine von ihnen, Eresus cinnaberinus, in einen Artkomplex aufgespalten werden musste, aus dem (mindestens) zwei in Deutschland vorkommen. Zu den geschützten Spinnen gehören daneben die Gerandete Jagdspinne (Dolomedes fimbriatus) und ihre Schwesterart, die deutlich seltenere Große Jagdspinne (D. plantarius).
Mit bis zu 25 mm Körperlänge gehört die Gerandete Jagdspinne zu den größten in Mitteleuropa. Ihr Lebensraum sind fast alle feuchten bis nassen Lebensräume und Gewässerufer, die zumindest teilweise besonnt werden; trockene und stark verschattete Ort meidet sie. Ihr Beutespektrum umfasst nahezu alle Insekten und Spinnen, die sie erreichen kann; der Gattungsname macht klar, dass sie ohne Netz jagt. Dabei betätigt sie sich als Pirschjäger und als Laurer. Ersteres hat sie mit vielen Wolfsspinnen gemein, mit denen sie sich auch den Lebensraum teilt.
Wenn sie auf Beute lauert, geschieht dies meist direkt am Gewässerufer, wo sie die Vorderbeide, ohne einzusinken, auf die Wasseroberfläche stellt und mit den Hinterbeinen in der Ufervegetation verankert bleibt. Schwingungen auf der Wasseroberfläche, die durch laufende, schwimmende oder herabgefallene Insekten ausgelöst werden, verraten ihr punktgenau Richtung, Entfernung und Größe des Opfers, das sie dann blitzschnell ergreift.
Gelegentlich erklimmt sie aber die höheren Straten der Vegetation, sogar bis zu den Fruchtständen des Rohrkolbens. Dort ist sie einerseits dank der braunen Körperfarbe gut getarnt, andererseits wärmen sich die braunen Kolben schnell auf und ziehen damit fliegende Insekten an.
Ungewöhnlich ist eher, dass die Spinnen in der Blattvegetation kleiner Birken gezielt auf Suche nach Beute gehen. Das habe ich in den 1990er Jahren bei Jungtieren beobachtet, die sich noch nicht regelmäßig am Wasser aufhalten, weil sie dort vermutlich selbst Opfer der größeren Wolfsspinnen werden können. Ich habe damals beschrieben*, wie sich die Halbwüchsigen sogar durch die Netze anderer Spinnen hangeln können und deren Besitzer überwältigen (eine Kurzfassung davon ist 2000 in GEO erschienen).
Nun konnte ich beobachten, dass das auch subadulte Tiere tun. Hier hat ein fast erwachsenes Weibchen eine Schilfradspinne (Larinioides cornutus) gefangen, deren Netz man noch durch das Loch im Blatt erkennen kann. Die Radnetzspinne lauert tagsüber abseits des Fangnetzes in einem aus Gräsern dicht versponnenen, nach unten offenen Schlupfwinkel. Auf ihrem Weg durch das Blattwerk stieß die Jagdspinne auf die Haltefäden des Radnetzes und suchte gezielt dessen Randbereich ab, bis sie die Retraite fand. In ihrer Ruhe gestört, floh die Schilfradspinne aus dem Unterschlupf, aber nur bis zum Rand und eben nicht weit genug.
Ich erkläre mir dieses eigentümliche und bemerkenswerte Verhalten der Jagdspinne damit, dass sie zu einer Familie gehört, die in ihrer Evolution das Netzbauverhalten erst vor „kurzer“ Zeit aufgegeben, sich aber noch Instinkte aus dieser Zeit bewahrt hat. Zahlreiche tropische Vertreter der Familie der Raubspinnen (Pisauridae), zu denen auch die Dolomedes-Arten gehören, bauen regelmäßig Netze, einige von ihnen lebenslang, andere nur bis zu einem bestimmten Entwicklungsstadium. Es würde mich also nicht überraschen, wenn ich irgendwann in Spinnennetzen auch adulte Raubspinnen finde.

* http://www.wolfserde.de/wolf/texte/tiere/dolomedes_fimbriatus_2012-12-29.pdf

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Camera NIKON D300S
Lens AF Micro-Nikkor 105mm f/2.8D or Sigma Macro 105mm F2.8 EX DG
Aperture 25
Exposure time 1/80
Focus length 105.0 mm
ISO 100

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