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Herr Meuthen und die "Türken" in Deutschland

Herr Meuthen und die "Türken" in Deutschland

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Renate Bonow


Premium (Pro), Köln

Herr Meuthen und die "Türken" in Deutschland

Die Demonstration in Köln fand aus Anlass des AFD Parteitags statt. Beteiligt waren auch Anhänger_innen der DIDF, der Föderation demokratischer Arbeitervereine, in der vornehmlich türkischstämmiger Bürger_innen organisiert sind.
Zeitgleich stellte der Vorsitzende der AFD Jörg Meuthen auf dem Parteitag unter dem Jubel der Delegierten sein von nationalistischen und rassistischen Positionen gepägtes Deutschlandbild vor. Er beschwor den Untergang Deutschlands und verwies u.a. auf die undemokratische Haltung der Mehrheit der in Deutschland lebenden Türk_innen, die im Abstimmungsergebnis über das Referendum deutlich geworden sei. 2/3 der hier lebenden Türken hätten mit "Ja" gestimmt. Zöge man die Aleviten und die Kurden ab,die ja sicher nicht für Erdogan gestimmt hätten (sic!), käme man sogar auf über 90%. (frenetischer Jubel der Delegierten!)

Schade, dass der Wirtschaftsprofessor Meuthen so schlecht rechnen kann: von den hier lebenden ca 2,8 Mio türkischstämmigen Menschen, waren ca die Hälfte wahlberechtigt. Von diesen haben 48,7 % an der Abstimmung teilgenommen und von diesen ca 63% mit Ja gestimmt. Also haben etwa 1/6 oder etwa 16,6 % der hier lebenden türkischstämmigen Menschen mit Ja gestimmt. Das ist dann doch eine erheblich andere Zahl als die von Meuthen behaupteten 90%.
So ist das mit Fakten im postfaktischen Zeitalter, wenn sie einem nicht passen.

Um eins klar zu stellen: aus meiner Sicht ist jede Stimme für die Einschränkung der Demokratie in der Türkei eine zuviel. Wobei ich vermute, dass meine Begründung hierfür anderes aussieht als die von Herrn Meuthen. Aber ob die antidemokratischen Tendenzen unter den türkischstämmigen Bürger_innen nun wirklich größer sind als unter den "Deutschen", die Herr Meuthen meint, ist aus meiner Sicht keinesfalls ausgemacht.

Comments 10

  • ostborn 28/04/2017 18:54

    Der Putsch war ein (kleines) Zeichen an Erdogan, möglicherweise wegen seiner Annäherung an Rußland.
  • Helmut Flosdorf 28/04/2017 17:00

    um einen wirklichen von außen gesteuerten Hintergrund zu haben war dieser Putsch viel zu diletantisch ausgeführt, und anschließend wurden einfach von langer Hand geplante Verhaftungslisten abgearbeitet, Suttons Ausführungen sind vielleicht nachvollziehbar aber nicht überprüfbar für einen der unserigen. Er schreibt ja aber auch nix neues, denn das die Kriegsgewinnler die einzigen sind an einem Krieg verdienen ist jedem halbwegs denkenden Menschen klar. Deshalb sind weder Hitler noch Erdogan und all die anderen Despoten auf dieser Erde Opfer sondern gehören mit zu den Kriegstreibern. Und wir das Volk sollten tunlichst davon Abstand nehmen diesen Knalltüten mehr Macht in die Hand zulegen als unbedingt nötig.
  • ostborn 28/04/2017 10:22

    @ H.Flosdorf -Was die deutsche Geschichte betrifft, erahne ich bei Ihnen ebenfalss Defizite, aber kein Wunder, die westlichen Alliierten halten ihre Archive zum 2.WK noch geschlossen. Aber lesen Sie sich schon mal rein mit Anthony Sutton: "Wallstreet and the Rise of Hitler" archive.org bietet dazu eine pdf an. Parallelen zur deutschen Geschichte sehe ich übrigens in der heutigen Ukraine.
    Diese do-it-yourself-Variante des Putsches kenne ich. Sie ist lächerlich. Googeln Sie mal nach einem der Rädelsführer, Luftwaffengeneral Akim Oztürk. Meinen Sie, der würde im Interesse Erdogans handeln? Ein paar Überlegungen zum Thema findet man auch in "Türkei-Putsch nicht ohne USA" von der Rationalgalerie.
    Interessant die Reaktionen der NATO-Verbündeten der Türkei. Findet man alles im web.
  • Helmut Flosdorf 28/04/2017 8:31

    @ostborn, ich nehme an das dir die deutsche Geschichte nicht wirklich bekannt ist. mich jeden Falls erinnert der Putsch in der Türkei an die Reichskristallnacht 1938 in Deutschland, welche wie wir heute wissen von den Nazis angezettelt wurde.
    Letztlich diente der Putsch in der Türkei nur einem Zweck, nämlich ein Klima der Furcht und Gewalt zu schaffen in dem das Volk empfänglich für eine Diktatur wird, also selbst nach dem Führer ruft. Denn einmal mit den Machtbefugnissen eines Präsidialsystems ausgestattet ist ein solcher nur noch schwerlich aufzuhalten. Heil Erdowahn!
  • ostborn 26/04/2017 0:43

    +Renate Bonow,
    Demonstration: je näher man dem Motiv ist, desto weniger nimmt man von der Umgebung war. Manche fotografieren einen Schmetterling und merken nicht, daß ein Grizzly hinter ihnen steht.
  • Renate Bonow 24/04/2017 17:09

    Ostborn: ich war auf der Demonstration. Chaoten habe ich nicht gesehen, aber viele demokratisch protestierende Menschen.
    Was den Putsch in der Türkei angeht, so habe ich noch keinerlei Belege für die behauptete Steuerung von außen gehört.
    Und: den Verweis auf das alte Griechenland verstehe ich überhaupt nicht. War das Klassenwahlrecht aus deiner Sicht demokratisch? Bist du für die Wiedereinführung? Wenn ja, würdest du auf dein Wahlrecht verzichten?
  • peju 24/04/2017 15:00

    Steine werfen.. das waren ein paar nützliche Idioten der Nationalpopulisten, die meinten ausgerechnet im bunten, offenen Köln einen Gruselparteitag abhalten zu müssen.
    Und das mit dem Putsch?
    Cui bono...
    Der macht eigentlich nur Sinn, wenn er von den Leuten angezettelt wurde, die davon profitieren.
    Beweise gibt es nicht, da sich der Chef verbeten hat irgendetwas neutral untersuchen zu lassen. Warum wohl?
    Ja, die AFD ist ein Symptom für das was in Deutschland, Europa, in der Welt momentan abgeht.
    Nie hätte man gedacht, daß ausgerechnet Nationalisten in Frankreich so viel Zuspruch erfahren...und leider nicht nur da.
    Man nehme einen charismatischen Sprücheklopfer und schon ist Sinn und Verstand verloren...
    Nachdenkliche Grüße
    Peter
  • ostborn 24/04/2017 14:13

    Ich unterstütze Erdogan und das Referendum.
    Demokratie bedeutet übersetzt Volksherrschaft - ein Widerspruch in sich ? Herrschaft des Volkes über wen ? Wer gehört da nicht zum Volk ? Im alten Griechenland war das einfach. Nur etwa 20 % der Einwohner waren überhaupt wahlberechtigt, und das Wahlvolk (Bürger und Aristokratie) herrschte über die Mittellosen.
    In der Türkei hat sich vor allem mit dem von außen initiierten Putsch gezeigt, daß das Land tief gespalten ist. Um nicht ins Chaos abzugleiten, sind Maßnahmen erforderlich, die Putsch bereiten Kräften die Grenzen auzeigen. Wer von uns will schon einen Irak vor der Haustür ?
    Die sich chaotisch aufführenden Demonstranten anläßlich des AfD-Parteitages finden nicht meine Zustimmung. In einer Demokratie muß man auch den Parteitag einer AfD aushalten. Dialog sollte vor dem Steine werfen kommen. Ob die AfD Einzug in das Parlament feiert, müssen die Wähler entscheiden.
  • Renate Bonow 24/04/2017 13:56

    Rainer: welche Feinheiten meinst Du?
  • KnipsNix 24/04/2017 13:50

    Ich freue mich einfach wenn ich das Bild sehe, weil da Menschen für Freiheit und Menschlichkeit eintreten. Über die Feinheiten müssen wir ehrlich Reden und aber. keinesfalls streiten