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Geschichtsträchtig

Geschichtsträchtig

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Geschichtsträchtig

ist dies Foto in mehrfacher Beziehung.

Das Foto ist älter als 10 Jahre. Den Bahnhof Heigenbrücken gibt es in dieser Form nicht mehr und das ganze ist eine kurze Erinnerungsgeschichte wert.

Damals wurde die 10 001 in einer Dreitagesfahrt von ihrem Standort DDM in Neuenmarkt ins Ruhrgebiet überführt. Bei einer Reisegeschwindigkeit von nur 50 km/h ist man fast gezwungen an jeder Milchkanne zu halten. Das Theater begann schon recht früh, noch vor unserer Abfahrt in Schweinfurt. Es war nach dem schönen gestrigen Tag heute morgen lausig kalt, besonders weil man nicht allzu gut geschlafen hatte. Aber auch der Regen tat ein Übriges. Wir hatten die 10 001 am Abend zuvor gut verriegelt, man mußte durch's Seitenfenster ins Führerhaus steigen, was ohne Leiter nicht möglich war. Das Fenster klemmte und ließ sich zunächst nicht öffnen. Aber schließlich gelang es doch und damit konnten wir endlich auf den Führerstand. Verlief die Fahrt zunächst noch ohne Verzögerung, sollte sich das nach Verlassen der Hauptbahn hinter Waigolshausen bald ändern. Die Strecke von Waigolshausen nach Gemünden (Main) ist eingleisig und hat nur wenige Möglichkeiten für eine Überholung. Die erwischte uns in Thüngen. Wenn man überall die Signale auf Fahrt vorfindet und plötzlich kommt Langsamfahrt erwarten, ist jedem sofort klar, was das bedeutet: Kreuzung oder Überholung. Es dauerte und dauerte, nichts tat sich. Endlich ging auf dem Nebengleis das Signal auf Fahrt. Die Überholung kommt. Meine Wut war unbeschreiblich, als sah was da vorgelassen wurde. Ein SKL mit einem Hänger. Wir wären schon dreimal in Gemünden gewesen. Nur wegen diesem Schienenfloh standen wir uns die Beine in den Bauch. Endlich ging es weiter.

In Gemünden war der nächste Aufenthalt. Der war geplant, für eine Durchsicht des Fahrwerks und Abschmieren. Nun die Zeit wurde gleichzeitig genutzt um etwas Eßbares aufzutreiben. Es ging auf Mittag zu. Trotz des langen Wartens in Thüngen fuhren wir in Gemünden planmäßig ab, da wir schneller fertig waren als vorgesehen. Doch schon nach wenigen Kilometern war in Lohr der nächste Halt. Leider wieder länger als erwartet. Die Spessart-Rampe ist nun mal ein Hindernis, welches erst durch den neuen Tunnel bei Heigenbrücken etwas entschärft werden konnte. Es blieb uns nichts anderes übrig, als einige Züge vorüber zu lassen. Doch auch die Warterei hatte ein Ende und wir begaben uns in die Steigung . Es lief zügig bis Heigenbrücken. Erneut wurden wir ausgebremst. Güterzüge und ICE hatten Vorrang. Aber das gab immerhin die Gelegenheit für ein, aus heutiger Sicht, historisches Foto.

Comments 13

  • Matthias Buettner 04/10/2018 8:07

    Tolles Bild und interessante Geschichte dazu.
    Danke & Grüße, Matthias
  • Wasserwagenpilot 04/05/2018 19:09

    Was für ein Zeitzeuge, Dein wunderbares Foto!
    Ich wusste nicht, dass die Maschine das DDM nochmals auf große Fahrt verlassen hatte.
    Ob man das heute noch wagen würde....?

    LG Ralf
  • Roststab 26/04/2018 11:17

    Ganz lieben Dank für euer Lob und die Kommentare.
    Ich will das Schätzkästlein mit Geschichten und Bildern dieser Tour mal wieder schließen, weil ich die meisten Bilder schon einmal in meinen anderen Accounts vor Jahren gezeigt hatte. Was als nächstes kommt, weiß ich noch nicht, das ist nicht geplant, sondern immer spontan. Vielleicht sind es wieder scans aus älteren Videos, oder auch ältere Papierbilder, die einscanen muß. Vielleicht auch was ganz anderes. Mal sehen, was mir da so spontan einfällt.
  • FotoTomSG 26/04/2018 6:09

    Geschichtsträchtiges Foto, das so nie wieder wiederholt werden kann. Noch viel interessanter finde ich die Geschichte dazu.

    Viele Grüße
    Thomas
  • Haidhauser 25/04/2018 22:48

    Sehr interessante Ausführungen zu einer wohl ziemlich einmaligen Ausfahrt der 10er.
    Die Aufnahme ist in mehrfacher Hinsicht ein tolles historisches Dokument!!
    LG Bernhard
  • Dieter Jüngling 25/04/2018 20:39

    Spannende Erzählung zur spannenden Perspektive deiner schönen Aufnahme.
    Gruß D. J.
  • Heinz Hülsmann 25/04/2018 20:36

    Spannende Geschichte, schade das ich die Lok in Bochum verpasst habe.

    VG Heinz
  • martin boettcher 25/04/2018 15:33

    Träumen wir davon das die 10'er eines Tages wieder aus eigener Kraft fährt.
    Beste Grüsse Martin
  • makna 25/04/2018 14:20

    Diese Überführung, um alle DB-Neubau-Dampfloktypen zu vereinen, war schon der Hit !!!
    Und somit die ganze Geschichte !!! Geschichtsträchtig nun auch der Bf Heigenbrücken -
    so vergeht (hier wie dort) der Ruhm der Welt ... ;-)

    ... was Du in jeder Hinsicht (auch mit Schilderung des Malheurs) gut festgehalten hast !!!

    BG Manfred
  • Thomas Reitzel 25/04/2018 13:57

    Es war schon früher ein altes Lied der Fahrensmänner wie auch der Fahrdienstleiter an der Strecke: Wenn ein Hosenscheißer auf der Zugüberwachung(Zü) saß, dann wurden die Züge unnötig ausgebremst und mitunter geriet der ganze Fahrplan aus den Fugen, nur weil sich einer nicht traute, eine mutige Entscheidung zu treffen.
    Es kann aber auch sein, daß es auf der Strecke Schweinfurt - Gemünden keine Zü gab, sondern daß die Fahrdienstleiter im gegenseitigen Benehmen die Zugfolge regelten. Auch da gab und gibt es Hosenscheißer, wie man es selbst immer wieder erlebt, wenn man im Zug sitzt oder an der Strecke steht und etwas hinter die Kulissen blickt. Lokführer, die derzeit Dienst tun, bestätigen das auch aus leidvoller Erfahrung, die Bände füllen würde!
    Mittlerweile sitzen die Fahrdienstleiter oft nicht mehr an der Strecke, sondern irgendwo weit weg. Die dortigen jungen Fahrdienstleiter interessieren sich nicht für bestimmte Werte, die auf die Zugfolge Auswirkung haben, wie Zuggewicht, Bremsen, Höchstgeschwindigkeit, Bespannung etc. Da kommt es dann eben zu abstrusen Entscheidungen; schwere, aber gut laufende Güterzüge werden ausgebremst, weil eine S-Bahn folgt, die überall hält und den Güterzug dann ausbremst, der danach hinterherfahren muß - und so weiter undsoweiter undsofort... das ist die heutige Realität, wie der Fahrdienst gehandhabt wird, ohne eine tiefergehende Sicht und Einsicht in eisenbahnspezifische Einflüsse auf die Dinge!
    Inkompetenz allerorten!

    Wie auch immer: Sehr nachvollziehbarer Ärger!

    immerhin ist Dir dann in Heigenbrücken dies historische Bild gelungen!

    BG, Tom
    • Roststab 26/04/2018 18:54

      Du magst mit deiner Schilderung der Fahrdienstleiter im Einzelfall nicht verkehrt liegen. Doch habe ich in der Mehrheit keine negativen Erfahrungen gemacht. Sicher ist es vorgekommen, daß man am Signal steht, wartet, wartet und wartet und nichts tut sich. Kaum bist du am Streckenfernsprecher oder heute am Funk, klappt das Signal. Wer mal auf einem größeren Stellwerk den Betrieb erlebt hat, weiß was hier abgeht. Da kann auch schon mal was untergehen. Ich denke heute (Ist es schon die Milde des Alters?), der SKL wude dringend gebraucht. Durch die Estw bekommt die heutige Veränderung eine noch ganz andere Qualität. Doch die moderne Traktion ist meistens in der Lage die Probleme zu meistern. Aber nicht jede Lok ist auch bei schlechtem Wetter so gut wie bei trockener Witterung. Hier sehe ich auch den Lokführer in der Pflicht, der dem Fahrdienstleiter über seine Verhältnisse berichten muß. Denn was er nicht weiß, macht ihn auch nicht heiß. Ich habe immer wieder festgestellt, daß gegenseitige Information für eine flotte Betriebsabwicklung sorgte.
    • Thomas Reitzel 27/04/2018 19:12

      Du triffst das Problem ziemlich gut! Auch ich weiß aus eigener Praxis, was auf Stellwerken abgeht, und nicht nur auf den großen Bahnhöfen.
      Aber die Pflicht des Lokführers, die Du angesprochen hast, hat bei einem fc-Freund von mir, der genau das getan hat, nur Frust ausgelöst, weil eine junge Kollegin auf dem Stellwerk nicht mal ansatzweise verstanden hat, was er ihr sagen wollte, und es sie auch ganz offensichtlich nicht interessiert hat. Er hat mir den Fall mit lebhaften Worten geschildert, dazu mit der Ergänzung, daß ihm das öfter passiert.
      Jetzt Du! Was oll man da machen? Das sind Zeiten!
    • Roststab 28/04/2018 8:17

      Das Pendel wird immer mal zu der einen oder anderen Seite ausschlagen. Von einem Ausschlag im positiven Sinn schrieb kürzlich meine Tageszeitung über einen ICE-Zugchef. Der Mann habe es verdient gelobt zu werden. Statt auf das "gastrononische Angebot" hinzuweisen, forderte er die Fahrgäste auf, bei 250 km/h den Kaffee zu schlürfen und dabei die Vorbeifahrt von Braunschweig zu geniessen. Desweiteren eröffnete er ein Kaffeebingo. "Kostenloser Kaffee für die Sitzpläte 11 in Wagen 1, 23 in Wagen 4 usw. Das ganze auch in Englisch. Um mit Busch zu reden, der Vogel scheint mir, hat Humor.

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Exif

Camera DMC-LZ5
Lens ---
Aperture 5.6
Exposure time 1/200
Focus length 6.1 mm
ISO 80

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