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Er fand seinen Frieden

Er fand seinen Frieden

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FrankundFrei


Premium (Basic), Oberfranken

Er fand seinen Frieden

zuletzt in Island: Bobby Fischer, Schach-Wunderkind der 50er Jahre, enfant terrible der Schachszene der 60er Jahre, Schach-Weltmeister von 1972-1975. Auf den 64 Feldern des Schachspiels war über 20 Jahre er der absolute Souverän, ein Dominator des Schachspiels, die Hoffnung der USA und der gesamten wetlichen Welt angesichts der turmhohen Überlegenheit der Sowjets auf diesem Gebiet. Und er zeigte sich zum Entsetzen der UDSSR, aber zum Entzücken der USA dem Gegner nicht nur nicht gewachsen, sondern dann auch überlegen. Nie zuvor und auch nie mehr danach stand eine Schach-Weltmeisterschaft so sehr im Fokus der Öffentlichkeit wie 1972 der Wettkampf zwischen Fischer und Spasski in - jawohl: Reykjavik in Island. Der isländische Schachverband hatte die Sensation geschafft und dieses unglaublich emotional-politisch-ideologisch aufgeladene "Match des Jahrhunderts" nach langem Gezerre über den Austragungsort in das kleine Island geholt. Hier gelang es Fischer nach einem Nerven- und Psychokrieg sondergleichen, Boris Spasski als Schach-Weltmeister zu entthronen und die mehr als 30jährige Vorherrschaft der Sowjets in diesem Spiel zu beenden. Das Verb "entthronen" wird der Bedeutung dieses Siegs aus damaliger Sicht nicht im Mindesten gerecht. Es sollte eigentlich heißen: düpiert oder gebrochen oder am Boden zerstört oder vernichtet. Was diesen Wettkampf über den rein schachlichen Aspekt hinaus berühmt-berüchtigt machte, war die unglaublich arrogant-unverschämte Art des Amerikaners seinem Gegner, aber auch der Wettkampfleitung gegenüber. Dem äußerst besonnenen und umsichtigen Schiedsrichter Lothar Schmidt (aus Bamberg), der erst kürzlich im Alter von 85 Jahren verstarb, ist es zu verdanken, daß der Wettkampf regulär ablief. HInter den Kulissen intervenierte der damalige amerikanische Außenminister Henry Kisssinger und es wurde auch noch das Preisgeld erhöht. Für die USA stand ja so viel auf dem Spiel: Endlich, endlich einmal bot sich die Chance, den verhaßten Kommunisten auf deren ureigenstem Terrain, dem Schachspiel, eine Niederlage beizufügen und damit die Überlegenheit des westlichen kapitalistischen Wertesystems zu demonstrieren. Und diese Gelegenheit sollte dieses flegelhafte Genie nur ja nicht versauen! Also kam man seinen Forderungen - und mochten sie noch so dreist sein - zähneknirschend, aber unverzüglich nach. Aber auch die Sowjets wollten diesen Schlagabtausch unbedingt. Zum einen bot sich die einmalige Gelegenheit, Bobby Fischer und damit den USA vor aller Welt schmerzhaft die Grenzen (nicht nur im Schach) aufzuzeigen und zum anderen im Falle des als sicher angesehenen Sieges Propaganda für die eigene Weltanschauung zu machen. Nun, es kam bekanntlich anders.
Was waren die Folgen dieses Wettkampfs? Bobby Fischer zog sich auf dem Gipfel seines Erfolgs und seines Ruhms weitgehend vom Schachspiel zurück, stellte sich keinem Herausforderer mehr und so wurde ihm folgerichtig 1975 bereits der Titel aberkannt und der junge Anatoli Karpow wurde kampflos der nächste Weltmeister. Er kam wieder aus der UDSSR ... Boris Spasski verlor in der UDSSR nach seiner Rückkehr als Verlierer fast alle Unterstützung und die Privilegien, die er zuvor erhalten hatte. Er wanderte wenige Jahre später nach Frankreich aus. Und Bobby Fischer wurde von Geldsorgen und Verfolgungswahn geplagt, verstieg sich am Ende seines Lebens in einen wüsten Antiamerikanismus und Antisemitismus, reiste rastlos durch die ganze Welt, wurde in Japan auf Weisung der USA wegen Steuerhinterziehung verhaftet, von einer Japanerin im Gefängnis geheiratet und dann nach Island abgeschoben, nachdem ihm Island als einziges Land die Staatsbürgerschaft angeboten hatte. Hier starb er wenige Jahre später. Seinen Frieden fand er bei Sellfoss in Island. Er wurde genauso alt, wie das Schachbrett Felder hat: 64.
Bobby Fischers Vermächtnis an die Menschheit sind seine genialen Schachpartieen, die ihn - solange Menschen Schach spielen - unsterblich machen.
May he rest in peace.

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