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Duisburg

Laar am Rhein - Ewigkeitssonntag

Ein Spaziergang am Rhein Ende November - als ich aus dem Haus trete, fröstele ich, es ist feuchtkalt. Zum Rhein sind es keine 200 Meter, eben über den Deich, dann hinunter, über die wackligen, bemosten Steine, die das Ufer befestigen. Das hab ich lange nicht gemacht und ich rutsche mit der Kamera in der Hand und fange mich im letzten Augenblick. Dann bin ich aber unten am „Strand“. Bei normalem Wasserstand kann man in Laar nicht direkt am Wasser entlang laufen, nun aber ist ein breiter Streifen Kies frei. Ich laufe los und längst ist mir nicht mehr kalt. Ich
genieße die kühle, frische Luft, die sanften Farben des nebeligen Tages. Aus dem Nebel im Horizont tauschen immer wieder Schiffe auf und ich laufe ihnen entgegen, sauge die Melancholie ein, die der Tag ausstrahlt, typisch November, die reizend ist, wenn man weiß, dass man in ein warmes Zimmer zurückkehrt, zu Gesellschaft und vorweihnachtlichem Kerzenlicht. Heute ist Totensonntag – Ewigkeitssonntag - , nun beginnt bald die Adventszeit. Der historisch niedrige Wasserstand erlaubt es mir auch, Muscheln zu sammeln, eine glänzend nasse ist noch fest verschlossen und ich werfe sie zurück in den Fluss, die schönsten offenen sammle ich in der Jackentasche. Einige Meter vor mir laufen ein Vater und sein kleiner Sohn, auch sie sammeln Muscheln. Im Hintergrund leuchten die Fenster des ehemaligen Krankenhauses, heute Rehaklinik, erstaunlich zuversichtlich und einladend, obwohl dem Gebäude jede Schönheit fehlt. Ich kann auch nicht widerstehen, den vom Wasser gebleichten und geschliffenen Ast mitzunehmen, der gerade so groß ist, dass ich ihn noch bequem zusammen mit der Kamera tragen kann. Ich wollte nur schnell hinunter zum Ufer, nun aber bin ich viel weiter gelaufen, als ich es eigentlich wollte und habe wieder einmal diese Landschaft genossen, die sich so gar nicht durch Lieblichkeit anbiedert, mir aber seit frühester Kindheit vertraut ist. Und nicht einmal der Wassermangel hat mir die Laune verdorben. Vater und Sohn sind schon wieder in die Rheinwiesen hinaufgestiegen und ich folge ihnen mit einigem Abstand, diesmal vorsichtig über die Steine balancierend ohne zu straucheln. Mit glühend frischem Gesicht laufe ich nach Hause.

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