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Die Sassi von Matera # 1

Die Sassi von Matera # 1

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La Wendu


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Die Sassi von Matera # 1

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Matera, Provinzhauptstadt in der süditalienischen Region Baslilikata (früher Lukanien), ist eine der ältesten Städte der Welt. Seit der Jungsteinzeit gibt es hier Höhlensiedlungen in den zerklüfteten Felswänden über der Gravina-Schlucht. Diese "Sassi" bilden die Altstadt von Matera.

Die hier abgebildeten Höhlen sind heute nicht mehr bewohnt, sondern ein Museumsdorf, das Touristen aus der ganzen Welt anzieht, seitdem die "Sassi" von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurden. (Besonders erstaunt war ich über die zahlreichen Japaner, die zusammen mit Italienern und Amerikanern die touristische Mehrheit bildeten.)

Vor etwa 50 Jahren galt es in Italien als "Nationalschande", dass die Menschen in den Höhlen von Matera ohne Strom, Heizung und fließendes Wasser lebten. Daraufhin wurden Sozialbauten errichtet, und die Bewohner der "Sassi" wurden - angeblich meist gegen ihren Willen - umgesiedelt.

Dass die Lebensumstände in den "Sassi" zum Skandalon wurden, geht auf den Schriftsteller Carlo Levi zurück, der in seinem später von Francesco Rosi verfilmten Buch "Christus kam nur bis Eboli" (1944) die dortigen Lebensumstände anschaulich schilderte.

Levi, der wegen seiner Aktivitäten im antifaschistischen Widerstand 1935 in ein lukanisches Dorf verbannt worden war, setzte sich Zeit seines dortigen Aufenthaltes nicht nur als Schriftsteller und Maler, sondern (verbotenerweise) auch als Arzt für die lukanischen Menschen ein.

Die durch Levi und Rosi provozierte Aufmerksamkeit führte aber auch zur wissenschaftlichen Erforschung der Höhlensiedlungen in Matera und Umgebung. Man fand ein ausgeklügeltes, auf die Bronzezeit zurückgehendes System aus Höhlen, Brunnen und Bewässerungskanälen, das es Mensch und Tier gestattete, die natürlichen Ressourcen optimal zu nutzen.

Noch zur Zeit Levis lebten die Menschen dort in Nachbarschaften ("vicinati") zusammen, die sich aus der gemeinsamen Nutzung eines Brunnens und sonstiger Gemeinschaftseinrichtungen (Kochstelle usw.) ergaben. Die "vicinati" scheinen als intaktes Sozialsystem funktioniert zu haben, was vielleicht erklärt, dass sich die letzten Bewohner gegen ihre zwangsweise Umsiedlung gesträubt haben sollen.



Die Sassi von Matera # 2
Die Sassi von Matera # 2
La Wendu


Comments 11

  • La Wendu 19/09/2006 20:50

    erik: tote augen sind das...

    RASCH: sie existieren auch heute noch. nur ein paar hundert meter weiter.

    helle: zu nutzen - nicht auszubeuten -, was die natur bietet, war noch nie eine schlechte idee...

    toula: danke auch für den begriff der "augenstart- und endpunkte". diese elemente scheinen mir gerade in solch eher gleichförmigen strukturbildern sehr wichtig zu sein, damit der blick beim schweifen halt finden kann.

    michael: ein "blickspaziergang" ist in der tat sehr viel gemütlicher als ein kamera-beladener realspaziergang über die vielen treppen der sassi...
    und was hinter der roten tür entstanden ist, erzähle ich dir vielleicht nächstes jahr
  • sortie | de | camions 19/09/2006 11:17

    ein Bild für einen langen und gemütlich Blickspaziergang. wieder oben angekommen, möchte ich unbedingt wissen, was hinter der roten Tür ist...
    ["Christus kam nur bis Eboli" ist einer meiner Lieblingsfilme.]
  • Helle MH 19/09/2006 9:34

    Schade dass es zur kulisse verkommen ist. Ideen haben die menschen. In China gibt es auch höhlenbewohner, für die dort gegebenen naturverhältnisse gäbe es keine bessere art zu leben. Fein dieses fast monochrome mit rotem kleksbild. Finde ich wirklich ein interessantes bild.

    lg Helle
  • Toula P. 19/09/2006 9:29

    Das mag ich ... Sehr fein, vor allem dadurch dass es fast ein natürliches Schwarz-Weiß-Bild ist. Klasse finde ich auch die definierten Augenstart- und Endpunkte, den sitzenden Mann rechts unten und die rote Plane links oben :o) Dazwischen ist gut Schauen!

    Liebe Grüße

    Toula
  • R A S C H 19/09/2006 8:56

    Ich kann die Nachbarschaften. Noch spüren. Auf deinem Bild.
    Gruß. Rasch.
  • Erik Schwarz 18/09/2006 23:48

    Man fühlt sich beobachtet, so viele Augen.

    LG Erik
  • La Wendu 18/09/2006 23:08

    pünktchen: :):):)

    sylvia: die von dir aufgezählten vorzüge sind den leuten dort inzwischen auch klar geworden.der größte teil der sassi (hier nicht zu sehen) ist schon bestens renoviert und wieder bewohnt. das sind sehr schicke behausungen, die sich aber nicht unbedingt die alteingesessenen leisten können.
    ich habe dort in einem hotel gewohnt, dessen zimmer sich allesamt in den sassi befanden - optimal klimatisiert auch ohne air condition und sehr stimmungsvoll zudem...

    fgi: ja doch; an solch einem grauen tag macht eine rote bauplane den magic moment aus...

    maike: treffender vergleich mit den waben.

    martin: oh... danke schön :))
  • Pelue 18/09/2006 22:47

    Für mich das beste Foto des Tages. Das Rot, das Grün, die gesamte Grafik des Bildes, dazu der Text ... Kompliment.

    Herzlichst
    Martin
  • die Maike 18/09/2006 22:26

    Interessant und spannend zu lesen - vielen Dank für die Hintergrundinfos. Schon im Thumb erinnerte mich das irgendwie an einen Hornissenbau.

    Ja, das rot ist sehr klasse!
  • Foto-Graf ICH 18/09/2006 22:16

    derjenige, der das rot dort hingezaubert hat, verdient einen orden. schön, das bild.
  • Sylvia Mancini 18/09/2006 22:16

    Diese Höhlenwohnungen waren so schlecht nicht, günstig in der "Anschaffung" und wunderbar klimatisiert (was in Ländern mit sehr heissen Sommern und teilweise recht kühlen Wintern ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist). In Spanien gibt es die auch, und sie sind in einigen Gegenden noch bewohnt. Und ganz auf dem Stand der heutigen Zeit, was die Ausstattung angeht.