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Die Mistel-Deckelschildlaus (Carulaspis visci) an Weißtannenmistel (Viscum album var. abietis)

Die Mistel-Deckelschildlaus (Carulaspis visci) an Weißtannenmistel (Viscum album var. abietis)

2,803 7

Dr.Thomas Frankenhauser


Premium (World), Regenstauf

Die Mistel-Deckelschildlaus (Carulaspis visci) an Weißtannenmistel (Viscum album var. abietis)

Es ist die Mistel-Deckelschildlaus (Carulaspis visci) - und nicht, wie erst gedacht, der Blattfloh Cacopsylla visci. Herrn Pfeifer vielen Dank für die Korrektur!!!
Mit viel Glück haben meine Freundin Christa Bach und ich an einem bei einem Sturm herabgefallenen Mistelzweig die Gallen des o.g. Insekts gefunden.

In Dreifach-Klammern der ursprüngliche Text mit der fehlbestimmten Art:
(((Es ist zwar relativ häufig, wegen der exponierten Lage der Wirtspflanze wird es aber selten gefunden. Im Internet habe ich nur ein einziges Bild von verlassenen Gallen entdecken können, keine Fotos von Gallen mit den Bewohnern.
Die Randwälle der Zezidien (=Gallen) werden durch die Saugtätigkeit des Blattflohs verursacht, der erwachsen wie eine kleine Zikade aussieht.
Erstbeschreibung von John Curtis (1791 - 1862), einem englischen Entomologen im Jahr 1835, der mit seinen berühmten Tafeln in dem Werk "British Entomology" heute noch gefragt ist. 1835 wie auch noch 1965 wurde der Blattfloh noch als Psylla visci bezeichnet; der Name stammt von "Viscum album", der Mistel. John Curtis hat nichts mit dem Botaniker William Curtis (1746 - 1799) zu tun, dessen hervorragende Pflanzentafeln aus dem "Botanical Magazine" heute für teures Geld in den Antiquariaten zu kaufen sind.)))

Auf dem Foto sind die Gallenverursacher zu sehen, die in einer kleinen Vertiefung sitzen und durch ihre weißen Wachsschuppen wie eingerahmt aussehen. Der zentrale orangefarbene Fleck kommt wohl durch die Ausscheidungen der Insekten zustande. Darin sitzt das ovale Tier, dessen segmentale Gliederung erkennbar ist. In der Mitte des Insekts sind zwei dunkle Stellen sichtbar, die auch bei jungen Larven zu sehen sind. Eine solche (ob eventuell frisch geschlüpft, weiß ich nicht) ist etwa in Bildmitte mit anhängender Wachshaar-Schleppe beim Ortswechsel zu sehen, vermutlich war ihr die Nähe der ehemaligen Saugstelle links oben zur nächsten Galle zu eng. Zu berücksichtigen ist auch das beginnende Welken des Blattes nach der Trennung von der Mutterpflanze . . . Auf anderen Bildern erkennt man offenbar einen Haltefaden, an dem die Larve befestigt ist - und die sie vor dem Herabfallen von der Mistel zu bewahren scheint. Oben links ist noch der Rest einer toten Larve in der Galle zu sehen.

(((Herbert Buhr ("Bestimmungstabellen der Gallen . . .", 1965) erwähnt die Galle als häufig und auch in Österreich vorkommend; inzwischen scheint sich die Art nach Norden auszubreiten, denn Hansen et al. beschreiben 1999 den Erstnachweis für Skandinavien.)))

Ich hoffe, ich Habe Euch mit diesem Foto (mein 4001. in der fc hochgeladenes!) etwas Freude gemacht. Vielleicht bringt es auch den einen oder anderen dazu, sich mit dem interessanten Gebiet der Gallenforschung (Zezidiologie) zu beschäftigen. Diesbezügliche Hobbys sind selten, aber wegen der Verbindung von Zoologie und Botanik sehr vielseitig und interessant - da gibt es noch jede Menge Neues zu entdecken - wie man sieht, auch von Laien . . .
... und von falsch bestimmenden fotocommunity-Fotografen :-)))) !

P.S.: Wen's interessiert: Im facebook habe ich unter "Thomas Frankenhauser" ein kleines Album über das Thema zusammengestellt.

Göfis/Vorarlberg, Österreich, 1.11.2014 f - etwa 700 m Seehöhe.

Korrektur: 3.8.2022 f. Nachtrag vom 22.2.2023: In "Entomologische Nachrichten und Berichte", 66, 2022/3 (S. 249 ff.) ist ein interessanter Beitrag über das nicht oft gefundene Tierchen enthalten: Manfred Alban Pfeifer: Zur Verbreitung der Mistel-Deckelschildlaus, Carulaspis visci ... in Deutschland.

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