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Micha Heinrich


Free Account, Köln

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Irgendwann, in grauer Vorzeit,
als die Menschen noch gejagt wurden
wie wilde Tiere, hat sie ihren Ursprung und
hatte ihren Sinn.

Aber was ist heute?
Wir werden nur noch selten von Raubtieren gejagt.
Vielmehr ist es die Angst selbst,
die sich als wilde Bestie darstellt.

Hinterrücks und feige,
schleicht sie sich von hinten an,
um dann plötzlich zuzuschlagen.
Gnadenlos und umbarmherzig.

Dann bin ich nur noch hilflos,
ohne jegliche Kontrolle über
meinen Körper und meinen Verstand.
Nichts um mich herum
hat noch eine Bedeutung oder wäre wichtiger.

Es ist, als würde das Herz wild rasend
durch den Brustkorb wollen,
als wenn der Kopf gleich explodiere.
Als wenn mein Leben gleich zu Ende wäre.

In diesen Momenten möchte ich laut schreien.
Aber was tue ich stattdessen?
Heftig weinen und um Gnade winseln.
Das es endlich aufhöre.

Seit vielen Jahren ist sie mein Begleiter,
meist im Hintergrund, in einigem Abstand.
Manchmal klopft sie leise an die Tür,
aber ich mache nicht auf.

Doch manchmal ist sie stärker.
Dann hämmert sie an die Tür,
bis diese nachgibt.
Und ist die Tür, mein einziger Schutz, erst kaputt,
geht die Angst bei mir ein und aus.

Es gibt viele Arten von Angst,
und viele, die darunter leiden.
Aber hilft mir dieses Wissen,
wenn sie wieder zuschlägt?


Oft beneide ich diejenigen,
die Angst vor Hunden, Katzen oder Auto fahren haben.
Angst, vor etwas, was man sehen, riechen, fassen kann.
Wovor habe ich Angst?

Angst davor, dass bei mir irgendetwas kaputt geht,
ich nicht mehr laufen oder sprechen kann.
Angst um mein kleines bisschen Leben,
das sowieso irgendwann zu Ende ist.

Und dann und wann sage ich mir:
Na und, dann wär’s vorbei.
Keine Qualen mehr, keine Angst.
Nichts mehr, was meine Seele und meinen Verstand auffrisst.

Aber davor habe ich zuviel Angst.

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...für alle, denen es auch so geht und für die, die jemanden kennen, dem es auch so geht...

Comments 1

  • Heinz-C. W. 23/02/2009 11:22

    Hallo Micha, mich macht das Foto und vor allem der Text sehr betroffen. Ich hoffe für Dich, dass zwischem dem extrem nachdenklichen Gedicht und Dir persönlich kein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
    Wenn ein Kölner am Rosenmontag, dem höchsten Feiertag in Köln, fast um 11:11 Uhr sowas hochläd, kommt man (ich) doch ins Grübeln.
    Dir alles Gute, Gruß Heinz