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71. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (4)

71. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (4)

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

71. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (4)

Eine tschechische Jüdin, die mit 21 Jahren schwanger nach Auschwitz kam, hat im Frauenlager entbunden. Mengele untersagte der Mutter, ihr Kind zu stillen und befahl ihr, die Brüste abzubinden. Er wollte testen wie lange ein neugeborenes ohne Nahrung überlebt. Nach acht Tagen kündigte Mengele der jungen Mutter an, sie werde am nächsten Tag abgeholt. Sie wusste, dass das den Tod bedeutete. Als es in der Baracke dunkel geworden war, kam eine Fremde mit einer Injektionsspritze in der Hand zu der Verzweifelten. „Gib das deinem Kind, es ist eine starke Dosis Morphium, und das Kind wird sterben“ - „Ich
kann doch nicht die Mörderin meines eigenen Kindes sein“ ! – „Du musst es tun. Ich bin Ärztin und muss Menschenleben retten. Dein Kind ist nicht lebensfähig, halb verhungert, hat Hungerödeme. Ich muss dich retten, du bist jung“ Nach zweistündigem Widerstand war ich so zermürbt, dass ich die Tat beging. Am nächsten Tag wurde Mengele der Tod des Kindes gemeldet. Er quittierte das mit den Worten: „Da haben Sie mal wieder Schwein gehabt. Mit dem nächsten Transport fahren Sie zur Arbeit! !

Der Kinderblock im Zigeunerlager war eigentlich nicht viel anders als die Blocks der Erwachsenen. Aber die Not dieser jungen Würmer schnitt noch mehr ins Herz. Die Kinder waren wie die erwachsenen nur noch Haut und Knochen, ohne Muskeln und ohne Fett, und die dünne, pergamentartige Haut scheuerte sich über den harten Knochen das Skeletts überall durch und entzündete sich in schwärenden Wunden. Krätze bedeckte den unterernährten Körper von oben bis unten und entzog ihm die letzte Kraft. Der Mund war von Noma-Geschwüren zerfressen, die sich in die Tiefe bohrten, die Kiefer aushöhlten und krebsartig die Wangen durchlöcherten. Bei vielen schoppte der Hunger den sich zersetzenden Organismus mit Wasser voll. Sie schwollen zu unförmigen Klumpen an, die sich nicht rühren konnten. Durchfall, durch Wochen hindurch, löste ihren widerstandslosen Körper auf, bis bei dem steten Wegfließen von Substanz nichts mehr von ihnen übrigblieb. Durst, unstillbarer Durst, war eine der großen Plagen von Birkenau, Wasser war verboten, weil es verseucht war; die drei Kübel mit Kaffee oder Tee, einem hellverfärbten Getränk, waren wie ein Hohn auf die tausend vertrockneten Kehlen im Block.

(Quelle: Menschen in Auschwitz von Hermann Langbein)

Comments 8

  • alex-andre adonel 04/02/2016 21:10

    Beeindruckend.
    was und wie du es zeigst.
  • BluesTime 02/02/2016 9:41

    mahnende collage
    lg
    Buchenwald (8)
    Buchenwald (8)
    BluesTime
  • Klaus-H. 28/01/2016 7:33

    Bilder des Grauens.
    Gut das Du daran erinnerst.
    VG Klaus
  • Urs V58 27/01/2016 22:53

    Gegen das Vergessen helfen Anlässe - und auch deine Collagen, die mich nachdenklich stimmen. Sie sind berührend und zeigen die verschiedenen Facetten dieser schrecklichen Zeit.
    LG Urs
  • Joachim Irelandeddie 27/01/2016 21:33

    Danke das du uns immer wieder an diese grausame Vergangenheit erinnerst und auch die Geschichten dazu nieder schreibst! Man darf das nie vergessen!

    lg eddie
  • Nebelhexe 27/01/2016 19:19

    Man darf gar nicht darüber nachdenken, es war so furchtbar.
    LG
  • Karin.M 27/01/2016 19:11

    Beeindruckende Collage,die Gleise in den Tod,damit gedenkst Du der Opfer !
    Danke dafür,gerade heute wieder so wichtig!
    LG Karin
  • Mary.D. 27/01/2016 18:32

    Was da passiert ist,daß kann man nie wieder gutmachen...die ganze Nazibande,die jetzt wieder Parolen grölen sollte man sofort ins Arbeitslager stecken,wie es damals üblich war!!!
    LG Mary