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Grauer Eisenbahnalltag im April 1984, dazu mieses Wetter in Saalfeld ……

Grauer Eisenbahnalltag im April 1984, dazu mieses Wetter in Saalfeld ……

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Grauer Eisenbahnalltag im April 1984, dazu mieses Wetter in Saalfeld ……

……. aber die Sonne wird sich auch an dem Tag durchsetzen.

Die Zeiten ändern sich auch in Saalfeld mit seiner einstigen Anziehungskraft für die Eisenbahnfreunde.
Hierbei denke ich nicht an den großen Bahnhofsumbau nach der Wende welcher noch einmal das typische Gesicht des einst so quirligen Bahnhof verfremdete.
Mehr an den Traktionswechsel der nun unübersehbar sich wie hier auf meinen rundum trüben Stimmungsbild aus dem Jahr 1984 bemerkbar machte.

Auf dem ersten Blick eine Aufnahme bei der man sagen könnte, “na ja geht so”. Kein Hammerbild wie das vom letzten Freitag auch die Geschichte hinter dem Foto kann da kaum mithalten.

Genaueres betrachten in das beinahe düstere historische Foto lässt nach und nach schließlich doch noch einiges aufhellen.
So wie auch die Sonne versucht diese Düsterheit langsam an den trüben Tag mit ihren aufkommenden warmen Sonnenlicht freundlicher zu erscheinen lassen. Letztendlich hat sie sogar später dann gesiegt aber die
Betriebsverschmutzte 119 033 konnte davon kaum profitieren.

Was ist anders als früher?
Zuerst einmal ich arbeitete zu dieser Zeit auf einen Posten der mich kaum überfordert, “Warmhalter” genannt. April, was gibt es da noch viel warm zu halten? Mit Trick 17 war alles schnell erledigt keine Diesellok musste einen Kaltstart über sich ergehen lassen. Auch die kleinen zusätzlichen Aufgaben die mir mein Lokleiter so nebenbei auftrug wurden schnell abgeharkt.
Sonnabend langer Tag, 12 Stunden im Vierbrigadeplan- Frühschicht mussten abgerissen werden. Nur in der Betriebsküche herum drücken sah blöd aus denn der Neid anderer könnte mir dabei meine angenehmen Posten kosten. Also immer wichtig tun sich bewegen, möglichst irgend etwas unter den Arm klemmen damit es so aussieht als würden Botengänge ausführen. Diesmal abgetarnt nicht offen sichtbar nahm ich meine Kamera mit auf Tour im Bahnhofsbereich.
Was dabei raus kam liegt hier vor ihr selbst könnt es ja sehen, dass eingestellte trübe Bild unter anderen.

Blicken wir nun ein wenig in die Tiefe auf unseren Foto.
Den Mittelpunkt bilden die zwei Zugpferde unterschiedlicher Traktionsarten vor ihren Zügen die sich E 802 links und D 504 rechts nennen. Allein bei Wahrnehmung der beider Zugnummern schlug das Herz aller Eisenbahnfreude gleich mächtig höher.
Die 119 033 gerade aus Sonneberg angekommen hängt sofort ab eine Saalfelder 119 wird nun den E 802 übernehmen nach Leipzig.

Vor nicht allzu langer Zeit war eben dieser Vorgang Umspannen von Dampf auf Dampf noch das Ereignis und was für eins.
Statt der 119 kam da ein Bulle der BR 95 angerauscht aus der Spielzugstadt Sonneberg. Jetzt stieg die Spannung denn das große Rätselraten begann.
Wer wird den Zug nach Leipzig wohl weiter befördern?
01 das ist schon mal klar, nicht klar in welcher der drei Ausführungen wird 01 da vor dem Zug erscheinen?
01.5 Öl, Kohle oder ganz klassisch in der großohrigen Altbau Variante.
Die auf dem Affenfelsen bekommen es zuerst mit weil ihr gieriger Blick lange schon beobachtete was da wohl aus dem Bw angedampft kommt. Danach in einer Sägefahrt einwechselt und schließlich an der Brücke bei den Eisenbahnfreunden sich aufstellte bis vom Stellwerk B1 über Lautsprecher mit kratzender Stimmer den Auftrag erteilte wird, - “zurückfahren nach Gleis 5 an den E 802, Gleis ist besetzt”.

E 802 umspannen von Dampf auf Dampf
E 802 umspannen von Dampf auf Dampf
Ralf Göhl

Ganz so schlecht sieht es beim D 504 oberflächlich nicht aus, wenigstens steht eine rassige 41er am Zug. Wo einst auch die dreier Auswahl der 01er sich in Szene setzten. Standesgemäß eben, Hochräder geschaffen für schnelle D- Züge.
Aber die 41er fährt den D- Zug nur 67 Kilometer bis Camburg nicht wie wir mit der 01 damals nach Halle.

Den Bläser nur einen Hauch geöffnet steht unsere 41 unaufgeregt noch sehr ruhig da. Ab und zu verraten ein paar Schläge der Doppelverbund Luftpumpe das die 1055 doch am Leben ist. Weit aus mehr, in Form von Krach, erregt neben ihr die 119 dafür an Aufmerksamkeit.
Gelassenheit, nix von Hektik irgendwelcher Art macht sich die Leere des Bahnhofs breit wo wir nur den einen Bahnbediensteten erblicken.
Zwei Wasserkräne umrahmen dazu die Loks, einmal der rechte zwischen Gleis 6/7 er machte große Karriere. Wurde von den Eisenbahnfreunden in aller Welt abgelichtet da dort die Lok immer zum Boxenstopp vorfuhren. Das gute Stück neben dem Dampfer wurde dagegen selten genutzt. Wenn doch na dann hing man an der Anstellspindel wie ein nasser Sack. Oft half da nur noch die Brechstange. Bei beiden kann man erkennen das auch die Dieselloks manchmal Durst verspürten, man ebenso an die neue Traktion gedacht hat die unsere Dampfloks verdrängen. Sehen wir dort den zusätzlichen Wasserschlauch abgelegt auf der Schlauch- Rinne extra für sie angefertigt. Einsam und verlassen steht dort am Wasserkran bei beiden ein Fass darinnen befindet sich weder Öl oder andere Flüssigkeiten. Nein Salz, übrig geblieben vom Winter, versteckte sich in der Tonne das zum streuen der dortigen Betonplatten gebraucht wurde bei Frost und Schnee um einer Eisbildung entgegen zu wirken. Irgend wer war wohl da mal böse ausgerutscht, Arbeitsunfall danach ordnete der Arbeitschutz an die Fässer dort aufzustellen.

Viele Menschen sind wichtig beim Betrieb einer Eisenbahn allein mit denen vorn auf der Lok geht es wohl kaum. Jeder einzelne fügt sich in das Gebilde was da als Bahn bezeichnet wird ein, ist ein Teil dieser Bahn.
Einen davon, Hilfsarbeiter auf dem Bahnsteig, habe ich mit Glück gerade noch zufällig im Bildrand erwischt. Er tappt wie immer zuverlässig treu und brav, eine Hand dabei in der Hosentasche, den Bahnsteig 2 entlang. Schiebt sein zweirädriges witziges Wägelchen (nix Elektrokarre) mit unbeteiligten Gesichtsaudruck an der 41er vorbei, “nur immer mit der Ruhe nichts überstürzen” seinem Ziel der Betriebsküche entgegen. Ob er nun Essen oder nur Getränke in den drei aufgeladenen Thermosbehältern transportiert entzieht sich meiner Kenntnis.
Eine Elektrokarre dagegen und immer einen heißen Reifen drauf der Chef am Bahnsteig Udo B. mit ganz anderen Temperament ausgestattet dabei kaum zu überhören. Vorsicht war geboten wenn er Schwerlastfuhren mit zig Gepäckhängern hinten dran die Bahnsteige und Überwege unsicher machte.
Auch diese Menschen waren ein wichtiges Glied in der großen Kette der DR, genauso wie alle anderen Posten die es gab.

Euer Ralf

Comments 9

  • Lutz68 22/08/2010 21:14

    Mir gefallen solche Fotos , die bei trüben Wetter gelungen sind . Die Atmosphäre machts . Wieder herrliches Foto vom DR-Alltag . Diese späte Phase des Dampflokeinsatz konnte ich im Saaletal auch miterleben und fotografieren .
  • Ralf Göhl 22/08/2010 11:27

    Wie ich sehe habe ich nichts verkehrt gemacht mit dem Bild und der Beschreibung dazu.
    Bernd hat wieder treffende weise Worte angemerkt
    doch noch besser ein Bild dazu gestellt aus der seltenen Perspektive.
    Allerdings bei wesendlich besseren Wetter wo alles dann viel angenehmer nicht so grau erscheint.
    Nicht die Regel einen 44er im Personenbahnhof ;-)
    Danke dir dafür,
    Ralf

  • Steffen°Conrad 22/08/2010 9:16

    Ja die vielen kleinen Rädchen Eisenbahn,
    die sicht-und unsichtbaren Geister..
    wie schon beschrieben waren oft sie das, was die grosse Bahn am laufen hielten.
    heute wegrationalisiert oder outgesourct..
    und oft schleifts dann auf der Modellbahn von Hr.Grube&co.
    Dieses Bild, ohne direkt auf einige der bahnhofsarbeiter zu zielen,
    hat genauso Flair wie eine Tarbaufnahme vom Schnaubenden Dampfross..
    vgconni
  • Cherrybalou 20/08/2010 20:52

    Ich finde deine Fotos und dazu gehörenden Erzählungen immer wieder sehr interessant und schön !!!
    Weiter so !
    VG, Frank
  • Klaus Kieslich 20/08/2010 20:18

    Eine sehr gute Präsentation
    Gruß Klaus
  • Jan-Henrik Sellin 20/08/2010 16:02

    Foto und Geschichte lassen einen etwas in Ruhe verweilen in der heutigen, hektischen Zeit.
    Das tut gut.
    Viele Grüße an Dich,
    Jan
  • Hartmut Wohlfarth 20/08/2010 14:50

    Ha Schmunzeln muste ich Doch über Dein Bericht lieber Ralf, genau so war es gewesen. Der Junge Mann mit seinen Gefährt war Unterwegs in die Berühmt Berüchtigte Betriebs Küche um das Essen zu Holen. Das gab es aber nur am Wochenende wenn wir 12 Stunden Dienst hatten.
    Lang Lang ist es her, aber immer wieder ein schöner Streifzug Durch die Vergangenheit. Ich Danke Dir dafür.

    GLG von Hartmut ex Stellwerker des Selbigen Bahnhofes :-))))
  • FDL Bernsbach 20/08/2010 11:47

    Für mich sind es diesmal nicht die beiden "Zugpferde" die das Motiv ausmachen ,sondern der Kollege,der wie Ralf schon schreibt irgendwie teilnahmslos mit seinem Gummikarren an den Zügen vorbei gemächlich seinem Ziel-vermutlich die Betriebsküche/Kantine-entgegen strebt.
    Auch das war Arbeit die dazu gehörte und gemacht werden musste um das grosse "Getriebe" Eisenbahn am laufen zu halten....

    Grüsse und schönes WE
  • Matthias Renk 20/08/2010 11:36

    Hallo Ralf,
    ich mag Deine >historischen Bilder< sehr, sie zeigen Geschichte und viel Geschichte steht auch immer drunter, die ich gerne mit viel Vergnügen vertilge.
    Ein Bild muss nicht immer >Hammer< sein, wenn es eine Geschichte erzählt und/oder Geschichte dokumentiert.
    Ich finde, ein tolles Bild mit toller Info, KLASSE!
    VG matthias