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... bald ist Feierabend, anschließend zwei Tage Ruhe

... bald ist Feierabend, anschließend zwei Tage Ruhe

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... bald ist Feierabend, anschließend zwei Tage Ruhe

Die Fortsetzung vom letzten Freitag

Nacht, Schnee und viel Dampf - Dezember 1980
Nacht, Schnee und viel Dampf - Dezember 1980
Ralf Göhl


Als wir unsere Pflicht zuverlässig getan, den D 500 fast auf Saunatemperaturen einheizt hatten klopfte der Wagenmeister energisch ans Führerhaus auf der Heizerseite. Um uns klar zu machen dass wir die Nabelschnur (Heizkupplung) zum Zug nun kappen könnten, dann aber gleich verschwinden sollten.
Die Zuglok eine 132 von Bw Halle P muß wohl lautlos an uns vorbei geschlichen seien stand schon unter der Brücke (Affenfelsen) wartend um die Fuhren zu übernehmen. Weiter zu heizen ganz dampffrei elektrisch natürlich. Keine Kunst bei den inzwischen mollig warmen von uns gut vorgeheizten D - Zug diesen weiterhin auf angenehme Temperatur zu halten.
Plötzlich kam Hektik auf denn der Scheinwerfer von Stellwerk suchte keine feindlichen Flieger am dunklen Himmel dafür aber eine Lok im Gleis 4, genau genommen uns.
Na ja im Halbschlaf hatte ich wohl die „zwei Weiße“ am Formhauptsignal vor mir übersehen, nicht wahrgenommen? Mit denen uns der Fahrdienstleiter ohne viel Lärm im Bahnhof zu erzeugen mitteilen wollte das wir abhängen können und zugleich die hiermit „Rangierfahrt erlaubt“ sei.
Dampfheizung geschlossen Druckabfall abwarten, Heizkupplung Lok - Zug trennen dann aber schnell nichts wie weg rüber in das Gleis 3 fahren was so was wie einen fliegenden Lokwechsel darstellt.
Die 132 an den D 500, - wie war doch gleich der Spruch;
„Von den Bergen bis zur See alles fährt Halle P“, mit dem Lokumlauf wird der Spruch erneut bestätigt.
Die Lok brachte den D 301 (Interzonenzug) von Berlin West über Halle nach Probstzella, dann den P 5002 runter nach Saalfeld um unseren gut vorgeheizen D 500 nach Halle zu bringen wo ein Lokwechsel statt fand.

Wir hingegen machten uns an den als P 5002 der von Probstzella gekommenen und jetzt zum P 4000 gewordenen Personenzug.
Besetzt in der Mehrzahl mit noch vielen müden Fahrgäste die nach Jena zu ihrer Arbeit wollen, eine Klientel (ein Wort das heute inzwischen jeden bekannt ist) die gut behütet wurde da sie einer überaus wichtigen Devisen bringenden Industrie in der DDR angehörten, die Arbeiter des Carl Zeiss Jena.
So wurde ein einfacher Personenzug schon mal zu etwas besonderen zum *P 4000, wie zu erkennen mit Sternchen davor. Der Stern macht’s er besagt dass dieser Zuglauf überwacht wird. Für den Lokführer zusätzlich sichtbar gekennzeichnet im Buchfahrplan mit folgender Anmerkung, - „a) Zwischen Saalfeld und Jena Saalbahnhof als Vorrangzug II-P 4000“. Gleichbedeutend aussagend das Lokpersonal wird besonders gefordert weil der Dispatcher und nicht nur er in Saalfeld auf den Zug ein besonders scharfes Auge werfen wird. Unsereins ganz fix bei Fahrzeit Abweichungen sich den Feierabend versauen konnte mit schreiben von Protokollen. Gleich vornweg ich mußte keins Protokoll schreiben. Alles und alle spielten gut mit, in der Formel I würde der Pressesprecher dazu sagen, „das Gesamtpaket hat einfach gestimmt“.
Wir fuhren freiweg kräftig, lautstark sowie Fahrplantreu unsere Leistung trafen auch pünktlich in Camburg 7.08 Uhr ein. Nun durften wir drei, die Lok und Lokmänner uns angemessen erst mal erholen in eine Übergangszeit von immerhin einunddreiviertel Stunde.

Tausendmal beschrieben den immer gleichen Ablauf in Camburg da muss ich mich nicht unbedingt wiederholen. Schnell jetzt zum Abstellen in das Stummelgleis 5 im Gleisvorfeld alles vorbereiten um selige Ruhe einkehren zu lassen für eine gewisse Zeit wenigstens. Beine hoch ins Steuerrad der Steuerung geklemmt oder an einer anderen Stelle am Kessel abgelegt etwas Augenpflege betreiben.
Irgendwie haben wir mitbekommen das unser Feierabendszug der P 3003 mit einer E- Lok der BR 242 rein geschlichen war. Alles auf der Lok bewegte sich laut donnernd wieder in den grünen Bereich zu. Da kam schon die Zustimmung vom Fahrdienstleiter mit seiner Handlampe, an den Zug zu fahren. Nur wenige Minuten waren uns vergönnt den Lokwechsel zu vollziehen. Nach Buchfahrplan genau 9 Minuten, mit Heizung einstellen wurde es das arg knapp.
Fertig, 9.01 Uhr der Zugführer rollte seine grün-weiß karierte Signalflagge aus, ein Achtungspfiff ab die Post zur Endrunde.

Angekommen in Göschwitz hatten wir noch eine kleine Verschnaufpause von 14 Minuten die ich nicht nutzlos verstreichen ließ um den Moment im Bild festzuhalten.
Immer noch ziemlich kalt in Deutschland wie zu erkennen ist, weißer Dampf und Schnee umhüllt die Lok in ihren bräunlichen Mattlack Outfit. Der gräßliche Pflegezustand einer sogenannten wilden Lok wird hier echt deutlich im starken Kontrast zu den Weißmachern aus Dampf und Schnee im Foto.
An Zugharken trotzdem ein nettes sehenswertes Züglein aus einer Doppelstockeinheit und 3 Bghw.
Gegenüber soeben eingefahren aus Saalfeld der P 5018 er wurde auch aus einen interessanten Wagenpark gebildet, beide Züge eine Augenweite für jeden Modelleisenbahner.

Endspurt, auf 42,5 Km ganze 10-mal Anfahren und Halten in 51 Minuten dann ist Saalfeld erreicht es winken zwei Tage Ruhe ehe es danach mit der 01 2204 erneut losgeht die Saalebahn mal runder und hoch.
Sogar mit an Bord hatten wir ein Team vom Deutschen Fernsehfunk der DDR die den Bürgern berichten wollte dass mit der Kohlelok viel Öl eingespart wird?
Sie waren keine Eisenbahnfreunde allein daran zu erkennen dass diese Filmer kein Auge für all die wunderbaren Motive von Lok und Landschaft aufbringen konnten.
Das Ganze 3 kurze teuere Sekunden dann im Fernsehen wo wir kaum zu sehen waren hätte man sich wirklich sparen können.

Ralf

Comments 10

  • Peter Semmelroch 12/04/2018 15:17

    Klasse Geschichte!
    LG Peter
  • Siegfried Apelt 21/02/2010 10:50

    Bei diesem Bild werden Kindheitserinnerungen wach. Wir wollten damals als Kind doch alle Lokführer werden, ich bin es 1950 geworden, in der Form einer elektrischen Eisenbahn mit genau dieser maßstabsgerechten Dampflok.
    LG von Siegfried.
  • Thomas Pf. 20/02/2010 16:28

    Wieder ein sehr interessanter Bericht mit sehr schönem Bild!
    Gruß
    Thomas
  • Jan-Henrik Sellin 19/02/2010 19:25

    Wieder sehr interessant mit den vielen Einzelheiten und Begebenheiten, die den Alltag der "Schwarzen" ausmachten. Die Geschichte mit dem Fernsehteam ist das i-Tüpfelchen!
    Viele Grüße an Dich, Jan
  • Klaus Kieslich 19/02/2010 18:16

    Andreas hat es auf den Punkt gebracht
    Gruß Klaus
  • Andreas Tsrebo 19/02/2010 18:06

    wie immer sehr aufschlußreich, Ausführung, Motiv und die Perspektive gefallen mir außerordentlich
    VG
    andreas
  • Werner ES 19/02/2010 17:11

    Prima Aufnahme und interessanter Text! Gefällt!
  • Cherrybalou 19/02/2010 14:53

    Wieder ein schönes Erinnerungsfoto mit einer interessanten Story ... !
    Immer wieder gern gelesene Reportagen, war doch aus meiner Sicht noch im Kindes- und Jugendalter.
    Gruß, Frank
  • Steffen°Conrad 19/02/2010 14:40

    Links und rechts im Bild wieder die "gute alte Reichsbahn"
    von Deinen Schilderungen umrahmt, und das leckerli für die Modellbahner mit einschließend-
    der gute Start ins Wochenende.
    Und so einen "überwachten" Zug stellte mein Hof bis 89 auch,
    einen 19E- bis Lichtenberg, Gudrunstrasse-
    die "Magdalene" war nicht weit, und deren Diener wollten pünktlich zum Überwachen anderer an den Kopfhörern sitzen...
    Vgconni
  • Lutz68 19/02/2010 13:01

    Wieder ein sehr schönes Reichsbahnfoto mit ausreichend Schnee . Genau so ist es stimmungsvoll . Gut formatfüllend , aber man sieht noch gut die beiden interessanten Züge . Es ist schon interessant , wie andere fotografieren oder filmen . -----Ich habe gemerkt , daß da manchmal durch ungewöhnliche Blickwinkel auch ganz interessante Bilder entstehen können , weil man selbst auf solche " unmöglichen " Ideen nicht kommt .