Die Zeit braucht ihre Zeit

Die Zeit braucht ihre Zeit

Was ich nicht mag: Ich stehe auf den Schnürsenkeln fremder Leute rum, beim Bitten um Einlass ins Männerparadies. Es gibt nicht einmal Wassereis zur Versorgung. Nur aus den Laborgläsern dampft es ein wenig erfrischend.

Es ist unerträglich wie ein Kind in der Zimmerecke zu sitzen, auf den Händen rum zu kauen und Klassik zu hören, um dabei die letzte Würde zu erbetteln.

In unseren Pflegeheimen arbeiten Küchenmonster mit ostalgischem Akzent. Bei Fleisch mit zu guter Qualität nähen sie Sehnen in die Fasern. Neben dem wirklichen Heim steht ein Musterheim mit Schauspielern. Durch diese Räume werden Interessenten geführt, die ihre Angehörigen überantworten wollen.

Es herrscht ein Vasenkrieg zwischen Frauen mit vasenartigen Figuren. Die vasenartigste Wirklichkeit beansprucht jede für sich. Dazu ein Gesicht aus Laub und Porzellan. Der Körper wird in einen so engen Abendanzug gezwängt, dass dieser nur mit einem Spargelschälmesser entfernt werden kann.

In Krematorien unterscheidet man zwischen den mineralischen und verbrennbaren Bestandteilen einer Leiche. Bei über tausend Grad gerät der Pfortenwächter zum Schließmuskel in eine neue Abteilung. Ob die Kasse zahlt entscheidet der Agrarzustand des ehemaligen Berufes. Beamte werden nicht immer bevorzugt, aber auch die werden behandelt.

Die Zeit braucht ihre Zeit. Bei einem 24 Stunden Wundversorgungsdienst gibt es Zeiten in denen nur getupft werden darf und solche in denen auch Reibung durch menschliche Wärme erzeugt wird.

Hans war mit Martina verheiratet. Martina ist die Mutter von Ulf und Helga. Helga ist schwanger mit Jens. Helga war in erster Ehe auch mit einem gewissen Tibor vergemeinschaftlicht. Hans war bis zu seinem Tode Flaschner. Martinas Eltern, die schon damals getrennte Ehebetten für unausweichlich hielten, waren Hans zu modern.

Zwischen September und März hängt die Wetterschutzkleidung vorne im Schrank.

2. Februar 2016


Foto: 16. Januar 2016