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Belfast - Peacelines Falls Road 3

Belfast - Peacelines Falls Road 3

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Horst Schulmayer


Premium (Pro), Region Stuttgart

Belfast - Peacelines Falls Road 3

Bis zum sog. Karfreitagsabkommen am 10.04.1998 war die innerirische Grenze eine der am besten bewachtesten Grenze weltweit. Blutvergießen, Hass und Verzweiflung waren gegenwärtig. Nach nunmehr 20 Jahren Hoffnung, steht dieser Friedensprozess aufgrund des anstehenden Brexits möglicherweise vor dem Aus. Sogennante Peaclines durchziehen Belfast, um die verfeindeten Gruppen voneinander zu trennen. D.h. Trennung statt Miteinander und obwohl diese Mauern eigentlich abgebaut werden sollten, werden sie immer mehr ...

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Bereits vor 1969 waren nordirische Städte von starker Segregation geprägt. In Belfast lagen in den 1960er Jahren 64 % der Haushalte in Straßen, in denen mindestens 90 % der Bewohner entweder Unionisten oder Nationalisten waren. Bei schweren Unruhen im August 1969 brannte ein aus dem Gebiet der von Unionisten bewohnten Belfaster Shankill Road kommender Mob ganze Straßenzüge im Gebiet der von Nationalisten bewohnten Falls Road nieder. Zur Beendigung der Unruhen wurde die Britische Armee eingesetzt.

Am 9. September 1969 gab der nordirische Premierminister James Chichester-Clark bekannt, dass zwischen den Gebieten der Shankill Road und der Falls Road eine Friedenslinie, bestehend aus einem von Polizei und Armee kontrollierten Stacheldrahtzaun, errichtet werden sollte. Mit dem Bau der Friedenslinie sollten die Bewohner der beiden Stadtteile im Westen Belfasts dazu bewegt werden, die Beseitigung von Barrikaden zu akzeptieren, die während der Unruhen im August gebaut worden waren. Ian Freeland, General Officer Commanding der britischen Armee in Nordirland, bezeichnete die Friedenslinie als „zeitlich begrenzte Angelegenheit“ und erklärte: „Wir werden in dieser Stadt keine Berliner Mauer oder etwas in der Art haben“.

Während des Nordirlandkonflikts nahm die Segregation in den nordirischen Städten weiter zu. In Belfast waren zwischen 1969 und 1973 schätzungsweise 60.000 Menschen gezwungen, ihre Wohnungen nach Bombenanschlägen, Schießereien, Unruhen oder auf Grund von Einschüchterungen zu verlassen. Insbesondere Katholiken flohen aus den bislang gemeinsam mit Protestanten bewohnten Gebieten Belfasts in Gebiete mit einer katholischen Mehrheit. Die als Provisorium gedachte Friedenslinie blieb bestehen; die anfänglichen Stacheldrahthindernisse wurden durch dauerhafte Strukturen ersetzt. Zudem wurden weitere Friedenslinien insbesondere im Norden und Westen von Belfast, aber auch in weiteren Städten wie Derry und Portadown errichtet. Dabei wurden Wellblechzäune, Stahlwände und Mauern erbaut, später auch den Örtlichkeiten angepasste Gitter oder mehrfarbige Wände. An Straßen entstanden Tore, die dauerhaft, nur nachts oder während Unruhen geschlossen sind. Einzelne Friedenslinien sind zum Teil mehrere Kilometer lang und bis zu acht Meter hoch. 2010 wurde die Gesamtlänge der Friedenslinien für Belfast mit 21 Kilometern angegeben.

Auch nach der Waffenstillstandserklärung der IRA und weiterer paramilitärischer Gruppen 1994 und der im Karfreitagsabkommen von 1998 vereinbarten Friedensregelung nahm die Zahl der Friedenslinien weiter zu: In Belfast gab es 1994 15 Friedenslinien; ihre Zahl stieg auf 35 im Jahr 2001 und 42 im Jahr 2009. Für 2007 wird konstatiert, dass es in der Bevölkerung keine breite Unterstützung für die Beseitigung der Friedenslinien gebe. Im Mai 2013 erklärte die nordirische Regierung, die Friedenslinien in den kommenden zehn Jahren beseitigen zu wollen. Neil Jarman, Konfliktforscher an der Queen’s University Belfast, nannte diesen Zeitplan „sehr optimistisch“ und verwies darauf, dass in vielen Fällen die Anwohner die Beseitigung der Friedenslinien ablehnen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedenslinien

Comments 5

  • martha-ka-fotografie 09/10/2021 10:02

    Da sind z.t. die abbilder der Märthyrer, die in der H-blocks im dreckstreik waren und von denen im Hungerstreik 1981 viele ihr leben ließen für andere haftbedingungen..
    lg
    martha
  • Wolfgang Zeiselmair 01/05/2018 19:42

    Auf der anderen Seite, was geht in Menschen vor die wegen einer vor über 400 Jahren gewonnenen Schlacht Bowler Hüte und orange Schärpen anlegen und den Nachbarn gleichzeitig die Zunge herausstrecken und den Stinkefinger zeigen. Der Mensch ist verrückt. Zum Bild: Das wenn Andy Warhol gewusst hätte was er lostritt, hätte er sich das mit Marylin vielleicht nochmal überlegt :-)
    Servus
    Wolfgang
    • Horst Schulmayer 01/05/2018 20:07

      Lieber Wolfgang,
      es ist schon erstaunlich, wie sehr unsere aktuelle Gegenwart von historischen Ereignissen bestimmt wird. U.a. ziehen am Jahrestag der sog. Battle of the Boyne (vom 01. - 11.Juli 1690 besiegte König Wilhelm III. von England von Oranien den ehemaligen König von England Jakob II. aus dem Hause Stuart und eroberte so die abgefallene Insel Irland zurück) die Oranierorden mit viel Alkohol und Getöse durch Belfast. Wenn man da mitten drin steht, dann ist das gar nicht mehr lustig. Und wie so oft werden auch in dieser Tradition uralte Bilder bemüht, was wir von anderen Konflikten der Welt in ähnlicher Weise kennen: Die Wanderung des auserwählten Volkes in das von Gott versprochene gelobte Land ... hier die protestantischen Siedler aus Schottland kommend. ... Es ist eine große Ehre und innere Verpflichtung in einem solchen Orden seit Generationen dabei sein zu dürfen. Ich beziehe hier ausdrücklich keine Positionen. Wenn es nicht so kompliziert wäre, wäre das Problem bereits gelöst.
      Grüße Horst
  • J.Kater 01/05/2018 14:56

    Klasse die Poster an der Wand erinnern bestimmt daran!
  • Thomas Tilker 01/05/2018 14:09

    ...sehr gut!
    LG Thom