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"Narben der Zuneigung" keine Doku für empfindsame Seelen

"Narben der Zuneigung" keine Doku für empfindsame Seelen

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Sylvia M.


Free Account, Austria

"Narben der Zuneigung" keine Doku für empfindsame Seelen

Über den Initiationsritus "Bullensprung" habe ich bereits berichtet. Dies ist ein Ereignis, das die offizielle Entwicklung eines Jungen zum Mann markiert. Meistens gegen Mittag versammeln sich die Hamer- Frauen und beginnen zu tanzen und zu singen. Sie warten auf die Ankunft der Männer. Wenn dann endlich die Männer kommen, bricht die Hölle los. Um auf sich aufmerksam zu machen schreien die Frauen, rennen zu den Männern, schneiden ihnen den Weg ab und provozieren sie mit Gesten und Bewegungen. Ziel der Frauen ist es, die Männer so sehr zu provozieren, dass sie geschlagen werden. Die Stöcke der Männer laufen spitz zu und peitschen dadurch auf die Haut. Was für uns unglaublich wirkt, die Frauen verlangen fordernd nach möglichst harten Schlägen. Wenn die Männer nicht genug Leidenschaft zeigen, kommen sie immer wieder zurück. Es muss unglaublich schmerzhaft sein, doch zeigen die Frauen nicht das kleinste Zeichen von Schmerz. Doch die Zeichen werden nur wenige Sekunden später deutlich. Blut läuft den Rücken entlang, kreuzt die Narben vom letzten Mal. Blut als Zeichen der Zuneigung . Sie zeigen dadurch Stärke und wollen beweisen, dass sie auch in schlechten Zeiten immer an der Seite ihrer Familie stehen werden. Die Frauen lassen sich nicht stoppen. Immer wieder gehen sie auf die Männer zu um zu provozieren, um noch härter geschlagen zu werden. Die meisten Mädchen sind etwa 14, 15 Jahre alt, andere Frauen weit über 40. Doch die Männer schlagen nicht alle Frauen. Die ganz jungen Mädchen unter zwölf versuchen ebenfalls getroffen zu werden, aber die Männer ignorieren sie. Das führt zu großer Frustration und vielen Tränen. Wirklich eine andere seltsam fremde Welt, aber wer gibt uns das Recht, ein Urteil zu fällen? Ich tue es nicht. Die Lebensweise dieser erstaunlichen Menschen, die ihre Zeremonien und Riten traditionell pflegen, blieb lange Zeit im Dunkel verborgen. Sie sind nicht primitiv, wie engstirnige Leute vielleicht annehmen, sie orientieren sich einfach an anderen Werten.

Hamer-Ethnie
Hamer-Ethnie
Sylvia M.
Hamer -Doku
Hamer -Doku
Sylvia M.
Hamer-Markt in Dimeka
Hamer-Markt in Dimeka
Sylvia M.
Hamer Mann (Hüter des Feuers)
Hamer Mann (Hüter des Feuers)
Sylvia M.

Comments 26

  • Hans-Gunter Herrmann 31/05/2010 17:55

    Hallo Sylvia M.
    Wieder eines deiner zahlreichen Bilder mit Super Informationen.
    Was mich erstaunt, ist der Irrglaube vieler Anmerkenden, dass das Verlangen nach Schmerz sich auf Naturvölker und einige wenige Masochisten beschränkt. Meine Erfahrungen sprechen da eine andere Sprache; es gibt sehr viele Frauen die eine "gewisse" Macht von einem Mann fordern. Habe sogar erlebt, das Frauen nach Narben verlangt haben, ich aber nicht dazu bereit war und deshalb als Schwächling beschimpft wurde. Zum Glück brauche ich keine Unterwerfungsgeste um zu meinem Genuss zu kommen.
    LG HGH
  • foto fex 11/05/2009 7:19

  • Sylvia Sivi 11/04/2009 10:28

    sooooooooooo beeindruckend...
    muss mi rmal richtig zeit nehmen für all deine bilder
    lg sivi
  • stoffi 07/04/2009 19:14

    Sehr interessante Geschichte und schöne Fotos!! Ich stöber schon ne ganze Weite in Deinen Fotos.
    Jedes Ritual hat seinen Grund, auch wenns für uns komisch wirkt.
    Für die Afrikaner wirken europäische Sitten und Gebräuche komisch...
    LG Stoffi
  • Helmut Krüßmann 29/03/2009 23:18

    Ein "Spitzenfoto"!!

    Liebe Grüße
    Helmut
  • Sylvia M. 29/03/2009 23:13

    @Eva: Ja Eva, aber es gibt Hoffnung - auch in Äthiopien. Frauenbeschneidung hat nichts mit der Religion zu tun - ist nur Mittel zum Zweck für die Männer, um die Frauen kontrollieren zu können. Glaube auch, einige Männer wissen gar nicht was sie ihren Töchtern antun - und was sie sich auch selbst damit antun.
    In ländlichen Gebieten gab es bislang kaum Raum noch Gelegenheit, das Thema Frauenbeschneidung anzusprechen, ein Tabuthema. Nun gibt es Hilfsorganisationen, die Diskussionen mit Frauen UND Männern ins Leben gerufen haben. Und sie haben einen Film gedreht, der die Männer erstmals mit dem Ablauf einer Beschneidung konfrontiert hat. Die Frauen wurden über die Anatomie ihres Körpers aufgeklärt. Es ist sehr wichtig Bewusstsein zu schaffen. Letztendlich muss jedes Volk selbst entscheiden, mit dieser lebensgefährlichen Praxis aufzuhören.
    LG Sylvia
  • Klaus Zeddel 29/03/2009 18:36

    Was es doch für seltsame Sitten gibt, eine ungewöhnliche Art Liebe und Zuneigung zu zeigen und zu erlangen. Wieder eine ungewöhnlich beeindruckende Dokumentation in Bild und Text, schon lange habe ich nicht mehr so interessante Informationen über diese mir fremde Welt erhalten.
    LG Klaus
  • Sylvia M. 29/03/2009 15:02

    @Günter: In Äthiopien ist die weibliche Beschneidung mittlerweile verboten, aber sie wird trotzdem immer noch praktiziert, besonders im ländlichen Raum. Bei der aufgeklärten und gebildeten städtischen Bevölkerung ist das grundsätzlich anders.
    Die Afar zum Beispiel sind ein Nomadenvolk im Nordosten von Äthiopien. Etwa 95 Prozent ihrer Frauen sind beschnitten. Die, die es nicht sind, haben ein schweres Leben, denn sie gelten als unrein, werden nicht geheiratet, sind Aussenseiter. Hier ein Bericht: Das junge Mädchen sitzt auf einem kaum gereinigten Stuhl, mehrere Frauen halten es fest. Dann blättert eine der alten Frauen die Schamlippen auseinander und befestigt sie seitlich mit Dornen, um die Klitoris völlig freizulegen. Mit einer Glasscherbe oder wenn vorhanden Messer, schneidet sie das Haupt der Klitoris ab und beginnt sie dann herauszuschneiden. Während einer der Frauen das Blut fortwährend fortwischt, gräbt die Beschneiderin mit dem Finger unter die eingeschnittene Klitoris, um das Organ herauszulösen. Das Mädchen schreit entsetzlich, ohne dass ihren Schmerzen geringste Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wenn die Beschneiderin die Klitoris herausgerissen hat, geht sie daran, die Reste bis zum Knochen wegzuschneiden und die umliegenden Teile der Schamlippen zu entfernen. Dann wühlt sie mit dem Finger in der blutenden Wunde. Die anderen Teilnehmerinnen der Operation befühlen ebenfalls das blutende Loch, um festzustellen, daß alles Gewebe entfernt und nichts übriggeblieben ist. Da das kleine Mädchen wirr zappelt vor Schmerz, wird bei der Operation öfter das Rectum verletzt oder auch die Harnröhre angeschnitten. Nun folgt der zweite Teil der Tortur, bei dem die Beschneiderin die inneren Schamlippen total wegschneidet und Fleisch und Haut von den großen Schamlippen wegkratzt. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Mädchen schon mehrere Male ohnmächtig geworden und wird mit einem Pulver wiederbelebt. Die Nachbarinnen begutachten sorgfältig Manchmal beißt sich das Mädchen in rasenden Schmerzen die Zunge ab. Deswegen beobachtet eine Frau sorgfältig die Mundpartie des Mädchens. Wenn die Zunge herauskommt, streut sie Pfeffer darauf, was ein sofortiges Zurückziehen der Zunge bewirkt. Wenn die Operation vorbei ist, heftet die Beschneiderin die beiden Seiten der Vulva zusammen, wozu sie Akaziendornen verwendet. Ihr Hauptziel ist es, eine so winzige Öffnung herzustellen, daß gerade der Austritt von Urin und Menstruationsblut möglich ist. Je kleiner das künstliche Loch ist, desto größer der Wert der Frau......
    Es wird besser werden, auch in Äthiopien - denn Eltern sind auf der ganzen Welt gleich - sie wünschen für ihre Kinder nur das Beste. Sie werden eine Veränderung akzeptieren und ihre Kinder schützen, wenn sie den Nutzen für ihre Kinder erkennen; besonders wenn ihnen die daraus resultierenden gesundheitlichen und ökonomischen Vorteile für ihre Töchter bewusst werden. Genau wie in Europa durch Aufklärung und Informationen, frauenunterdrückendenden Praktiken etwa Keuschheitsgürtel, Hexenverbrennung, beendet worden sind, glaube und hoffe ich, dass mit geduldiger Überzeugungsarbeit die weibliche Genitalbeschneidung beendet werden kann. Exakte und korrekte Information über all diese Probleme sind entscheidend, denn Eltern, die es zulassen, dass ihre Töchter beschnitten werden, tun dies aus ihrer ureigenen kulturellen Identität heraus. Menschen ändern ihre Verhaltensweisen nur, wenn sie einsehen, dass ein neues Verhaltensmuster nicht schadet, sondern Vorteile bringt. Deshalb liegt es an uns alle zu überzeugen, dass sie die Genitalverstümmelung der Mädchen hinter sich lassen, ohne nützliche Teile ihrer eigenen Kultur aufzugeben.
    LG Sylvia
  • Maik Radke 29/03/2009 14:07

    wie Du schon schreibst ....
    eine andere Welt .

    Aber sehr interessant !
    Für uns ist das schwer nachvolziebar , aber es ist halt eine andere Welt.
    und genau das solte man agzeptieren.


    LG
    Maik
  • Ursula G. 29/03/2009 12:44

    Interessante Doku. Tolles Foto.
    Gruß Ursula
  • Rainer Switala 29/03/2009 12:26

    eine wirklich andere welt
    eine info die mich irgentwie nachdenklich macht
    klasse doku
    gruß rainer
  • Günter Frank 29/03/2009 12:08

    Gut erklärt hast du die Zusammenhänge, Sylvia. Macht schon irgendwie Sinn. Sind die Mädchen dort auch beschnitten? Das ist ja auch so ein Unfug aus meiner Sicht. Mir tun die Mädchen leid, die sich so verstümmeln lassen müssen. LG Günter
  • foto fex 29/03/2009 11:54

    Da bekommt die Domina in unseren "Kulturkreisen" eine neue Bedeutung!
    ldff
  • Sylvia M. 29/03/2009 10:15

    @Günter: Das Verlangen nach Schmerz gehört zu den scheinbar unverständlichen Bedürfnissen von Menschen. Im 14. Jahrhundert zogen religiöse Geißler zu Tausenden durch Europa und peitschten sich blutig, einmal nachts, zweimal am Tag. Ihnen folgten der Ordensgründer der Jesuiten und Katharina von Siena. Lange gehörte die Peitsche in die Klosterzelle. Die Lust, so ein Schmerzforscher, entspringe dem Gefühl der Macht. "Der Masochist unterwirft sich der Domina ja nur scheinbar. Ein einziges Wort - und er stoppt sie. Es ist ein Spiel in einer Scheinwirklichkeit, die keine Angst erzeugt."
    Wenn man sich das Gehirn anschaut, dort liegen Lust- und Schmerzzentrum eng beeinander. Vielleicht bereitet ja die Überwindung von Schmerz bei vielen Menschen Lust. Hormone werden ausgeschüttet, die regelrecht betrunken machen können. Das Wissen um diese Verbindung machen sich wohl auch die Naturvölker zunutze. Und vielleicht ist es ja die einzige Lust, die viele beschnittenen Frauen empfinden können und die direkteste Form ihren Körper zu fühlen.
    LG Sylvia




  • Günter Frank 28/03/2009 23:15

    Es ist schwer zu verstehen, was in diesen Menschen diese Lust nach Schmerz - das ist es ja wohl - auslöst. Ist es, was ich schon mal vermutet habe, erotisch begründet oder sind die Frauen dabei in Trance und spüren zu diesem Zeitpunkt die Schmerzen nicht. In Europa wirst du weit suchen müssen, um Frauen zu finden, die sich so was antun lassen. Die Meisten würden ihren Männern dann schon das "Wort zum Sonntag" sprechen:-(((( Ich denke, es ist besser, unsere Frauen etwas zu verwöhnen, da kommt dann auch manchmal etwas zurück :-)))) Liebe GRüße und einen schönen Sonntag von Günter