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Einen Tag nach der Reserve ....

Einen Tag nach der Reserve ....

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Einen Tag nach der Reserve ....

1981 drei Tage vor Weihnachten .......
1981 drei Tage vor Weihnachten .......
Ralf Göhl

Winter 1981 in Saalfeld
Winter 1981 in Saalfeld
Ralf Göhl

Reserve war gestern, - allein das Wort beinhaltet so etwas wie Überraschungsei oder auch eine Wundertüte.
Alles offen wie in bestimmten anzüglichen Anzeigen die da lauten, „alles kann nichts muß“.
Na ja nur eben anders aber durch mußt du so oder so in den 12 Std. Dienst.

In einer inoffiziellen Beliebtheitsskala über den Dienstablauf einer Schicht von 1 – 4 (1 = überaus angenehm, 2 = normal, 3, = geht so, 4 = A- Karte gezogen) könnte man die Reserve einordnen bei - „3, = geht so“.
Oft im kalten hantieren müssen bei nicht gerade freundlichen Außentemperaturen, hin und wieder aufwärmen können im Schuppen oder auf der Lok.
Im Bahnhof Saalfeld nur mal am Bahnsteig gestanden keinen Meter auf die Strecke gekommen. Miese eingefahren deswegen denn so war nix drin mit Kilometergeld und Auslösung an den Tag.
Positiv demgegenüber stehen die von der DR indirekt bezahlten Fotos welche ich trotz alledem erhaschen konnte. Fotos die uns heut nach so langer Zeit immer wieder erfreuen.

Einen Tag später am 22.Dezember 1981 - die DR fuhr immer noch mehr operativ gut halbwegs Plan. Schwerstarbeit für den Personallokleiter und Lokleiter die sich Personale aber auch die Loks dazu aus den Rippen schneiden mußten.

Bruno M. auch so ein Heizer von letzten Aufgebot. Der nicht nur Kohlen auflegen gelernt hatte nein auch unser Karussell die Drehscheibe bedienen konnte/durfte. Sowie alle möglichen oder unmöglichen anderen Arbeiten im Bw verrichtete, war mir beigegeben. Als Mensch ein sehr ruhiger verläßlicher ländlicher Typ.
Wir sollen uns heute mal im 44er Plan 304 bei Berg und Talfahrten austoben können ohne übermäßige Anstrengungen.
Einzustufen war das als ein Dienstverlauf in der Gruppe 1 = überaus angenehm konnte man sagen. Das kam der Sache sehr nahe da ein Spaßfaktor immer dabei war.

Erinnert euch am Tag zuvor da sind mir unterschiedliche BR an der Linse eindrucksvoll vorbei gerauscht. Eine Lok davon war die 41 1150 mit ihren Sound der Ohren lächeln läßt.
Gestern noch fotografiert stehen wir heute selbst im Führerstand der 41 1150, diesem Rassepferd im Stall des Bw Saalfelds nur weil dort für uns keine 44er mehr vorhanden war.
Keine Ölfeuerung na ja, dafür Ruhe in der Hütte nur ab und zu das angenehme klappern der Schippe immer wenn Bruno aktiv werden mußte.
Gleich zum Einstand konnten wir uns austoben setzten wir uns vor einen Gag mit Ziel Könitz (10Km) der im Güterbahnhof auf uns wartete.
Zylinder gut vorwärmen besonders wichtig bei so einer extremen Kälte die auch der 22. Dezember mit sich brachte.
Alles lief wie am Schnürchen, flott raus aus dem Bahnhof in der Höhe vom Bw ein Langer Achtungspfiff zur Verabschiedung. Der Lokleiter trat ans Fenster um uns zuzuwinken.
Wir waren in dieser Schicht immer in Bewegung die Räder hatten keine Zeit anzufrieren. In Könitz angekommen ging es gleich kurz darauf weiter mit einer Übergaben nach Krölpa Ranis, zurück nach Könitz, weiter Unterwellenborn, hoch nach Könitz.
Der Nahgüterzug N 67 475 von dort brachte uns wieder in die FEENGROTTENSTADT wo Lrz D 501 einschließlich der Dispatcher sehnsüchtig auf uns wartete. Er wollte sein Gleis 5 im Personenbahnhof endlich wieder frei bekommen den Zug abfahren zum abstellen in Könitz.

Nun steig bitte mit uns kurz auf den Führerstand um diesen herrlichen Ausblick von der Meisterseite zu genießen solange wir noch bei der Bremsprobe sind.
Was für ein Bild tut sich da auf schauen wir entlang der Kessels dar 41er. Immer noch der Affenfelsen ohne Eisenbahnfreunde oder ein Fahrzug ist zu sehen wäre. Warum nur, sollte die Kälte alle vertrieben haben denn gesperrt war die Brücke nicht ?
Ein Seitenblick in Richtung Bw beschert uns zwei noch unter Dampf stehende Öler deren Tenderheizung weiter als sonst eingestellt wurde. Eine 01.5 und 44er die dort bereitstehend und nur noch auf ihre Besatzung warten. Dampf überall um die beiden Loks zeugen davon das sie noch am Leben sind. Dahinter versteckt sich noch ein kalte Lok deren Tender keinen Aufschluß auf die BR zuläßt. Vielleicht eine 44er denn eine angeschraubte obere Laterne ist trotz meiner Brille nicht auszumachen.
Klar dafür in der schönen Spieglung unseres Führerhausfensters zu sehen noch eine Schneebedeckte 44er.
Unsere Fahrstraße steht schon die ganze Zeit weil Eile geboten ist. Der Signalwald von Formsignalen zeigt einstimmig „Hf 0“ Halt einschließlich das für uns. Bruno hat sein Feuer im Griff, lange vorher angesetzt nun quillt leicht bräunlicher Rauch aus dem Schornstein ohne vom Bläser gejagt zu werden. Die Uhr des Kesselmanometers steht knapp vor 16, eben hatte ich noch die Zylinder vorgewärmt den Regler nur geschlossen um freie Sicht für mein Foto zu haben. Das Rotkäppchen der Aufsichter läuft noch am Zug entlang um die Bremsprobe zu vollenden. Er wird meinen Lokdienstzettel ausfüllen, mir den Bremszettel aushändigen die Fertigmeldung per Funk absenden. Vorauf dann das Startzeichen in Form von Hf 2 „Fahrt mit Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h“ für uns erscheint.
Dann beginnt erneut die wilde unüberhörbare Jagt auf zur Rampe mit unseren Personenzug ohne Fahrgäste. Genau das ist jedes mal ein besonderer erhebender Genuß Saalfeld in zügiger Fahrt laut bellend zu verlassen.
Als der Affenfelsen noch eine Holzbrücke war früher kam das Ganze noch wesentlich besser. Weil nicht nur vor und hinter der Brücke die mächtigen Dampf/Qualmwolken sich breit machten. Nein auch die Autofahrer auf der Brücke bekamen ihren Teil ab von dem Gemisch der sich seinen Weg unweigerlich auch zwischen den Ritzen bahnte.
Eine Frage dazu wäre noch offen, kam das Bretter geklappter nur von den Autos oder mitunter auch ....... ?

Lrv D 501 zurück von Könitz nun war noch KWF (Kohle, Wasser, Feuer) angesagt, die Lok schnell versteckt fanden wir den Weg zum einen Eisenbahn Absacker in der Kantine. Nun bei was schon - Kaffe und Bockwurst.
Ab unter die Dusche zur reichlichen Warmwasser Verschwendung um wieder ein Mensch zu werden.

Ralf

Comments 10

  • bremerbahn 24/07/2010 12:17

    Wenn ich das im Winter sehe, beneide ich Euch von damals nur sehr wenig. Klapperkalt und vielleicht dann noch Schneetreiben...
    Heute als Wochenendführer muss man sich da eher mit anderen Unwägbarkeiten rumschlagen. Siehe hier:
    Zughalt im Urwald
    Zughalt im Urwald
    bremerbahn

    Trotzdem mag ich die 509 von heute sehr, endlich mal keine Lok wo die Lager ständig heiss werden...
  • Michael PK 06/02/2010 18:14

    Wieder eine ganz starke Vorstellung von Dir
  • Ralf Göhl 01/02/2010 18:25

    Danke den treuen Anhängern hier für die lieben anerkennenden Worte zu meinen Fotos und den kleinen Geschichten dazu.

    Mein PC zerlegt sich leider so langsam, wer weis wie lange es noch gut geht.
    So ähnlich ergeht es auch mir mit der Gesundheit die wiedererwarten 2010 nicht besser geworden ist.
    Nur etwas anders das mich schmerzhaft quält.

    @ Bernd bei dir merkt man mit jeden Wort das du die Materie DR genau kennst.
    Nein alles selbst mit gestaltet und erlebt hast mit all ihren guten und schlechten Seiten.
    Was überwiegt muß jeder für sich selbst entscheiden ich möchte jedenfalls die Zeit bei der DR nicht missen.
    Neben harter Arbeit gab es ebensoviel Spaß bei der Arbeit. Mehr Menschlichkeit herrschte auf alle Fälle unter den Kollegen.
    Was für schöne Naturschauspiele konnten wir, wenn du ein Auge dafür hattest, bei unseren Schichten rund um die Uhr erleben. Sowohl am frühen Morgen oder abends wenn es in die Berge ging nach Katzhütte oder Lobenstein.

    @ conni, ein Büchlein ist angedacht ob es der Renner wird steht auf einen anderen Blatt.

    @ Henning, ja den Sound der 41er (für mich der schönste überhaupt) kann man nicht so banal beschreiben den muß man original am eigenen Leib verspüren.

    "Vielleicht sollten wir uns mal zusammensetzen und ein paar Anekdoten aus Deinen Erinnerungen mit Bildern aus Deinen und meinen Archiv ausarbeiten ;-)"
    Eine reizvolle Idee zumal mir zu einigen Geschichten die Bilder fehlen.
    Nur bin ich von meinen Gesundheitszustand sehr abhängig damit ist nichts richtig planbar.
    Grüße von Ralf
    Grüße von Ralf
    Ralf Göhl

    Es grüßt Ralf
  • Henning Gothe 30/01/2010 10:50

    Hallo Ralf, wieder einmal eine sehr schöne Anekdote aus Deiner Zeit beim BW Saalfeld. Deine Schilderungen kann ich sehr schön nachvollziehen und Deine Anmerkung zum Klang der 41er ist mir allgegenwärtig, wenn ich an diese Zeit zurück denke. Es war immer wieder beeindruckend, wenn die Maschinen Richtung Unterwellenborn "brüllten". Vielleicht sollten wir uns mal zusammensetzen und ein paar Anekdoten aus Deinen Erinnerungen mit Bildern aus Deinen und meinen Archiv ausarbeiten ;-)
    Viele Grüße
    Henning
  • Gerhard Kerschke - g.k. 29/01/2010 22:36

    Hallöchen Ralf, wenn ich jedesmal deine Zeilen lese fallen auch mir schöne/schlechte Tage ein; Das sich die Zeiten ändern ist ja jedem klar, aber in welcher weise sie sich geändert haben ist nur noch ein Grauß;

    Grüße von Gerd
  • Steffen°Conrad 29/01/2010 21:20

    Guten Abend Ralf,
    ich glaub Du soltest ein Buch schreiben ;-)))
    Die Spiegelung in der Scheibe ist wirklich ein Hit!
    vconni
  • CyranoPuschkin 29/01/2010 19:34

    Einfach WUNDERBAR !!!
    Deine Geschichten zu den Bildern ... !
    DANKE, einmal mehr !
  • Lutz68 29/01/2010 16:09

    Wieder ein schönes altes DR-Foto in Farbe .
  • Klaus Kieslich 29/01/2010 15:20

    Topo Präsentatation
    Gruß Klaus
  • Thomas Reitzel 29/01/2010 12:46

    Hallo Ralf, schön, wieder was aus Deiner Reihe "aus dem Leben eines Eisenbahners" zu sehen!
    Bild und Text wie immer gelungen!
    VG Tom