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Das versunkene Dorf

Das versunkene Dorf

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Alfred Stolzlechner


Free Account, St. Johann Ahrntal Südtirol

Das versunkene Dorf

Die Tragödie vom Reschensee

Für die Stromerzeugung werden die Dörfer Graun und Reschen (teilweise) und die uralten Weiler von Arlund, Piz, Gorf und Stockerhöfe (St. Valentin) unter Wasser gesetzt und ausgelöscht.

Es entsteht ein riesiger Stausee mit 677ha Fläche, welcher eine fast tausendjährige Besiedelungsgeschichte und eine einmalige Kultur- und Naturlandschaft, die Hochebene am Reschenpass, mit Gewalt vernichtet.

Im Jahr 1939 wurde das erste italienische Projekt aus dem Jahr 1920 zur Aufstauung der Naturseen (Reschen- und
Mittersee) um fünf Meter durch die damalige faschistische Regierung auf 22 Meter (+ 17 Meter) abgeändert. Dies geschah ohne jegliche Information der Bevölkerung und ohne jegliche, rechtliche oder ökologische Prüfung.

Die Einwohner wurden im „nationalen Interesse zur Stärkung der nationalen Industrie“ zwangsenteignet, ohne Recht auf Realersatz und zur Aus- oder Umsiedlung gezwungen.

Der Zweite Weltkrieg verzögerte die Bauarbeiten. Finanzierungsschwierigkeiten der Betreibergesellschaft nach Kriegsende wurden von Schweizer Kapitalgebern aufgegangen. 1949 musste der erste Winterstrom als Kapitalrückzahlung in die Schweiz geliefert werden.

Südtirol und die betroffenen Gemeinden waren machtlos. Wegen des faschistischen Regimes hatten die Gemeinden von 1923 bis 1952 keine gewählten Volksvertreter.

Im Sommer 1950 waren die gesamten Gebäude gesprengt und überflutet, die Bewohner entweder zwangsausgewandert, oder für zwei Jahre in ein Barackendorf umgesiedelt. Der romanische Turm aus dem 14. Jahrhundert wurde aus Gründen des Denkmalschutzes stehen gelassen.

In den Jahren nach 1973 hat die Südtiroler Landesregierung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Zirka35ha Kulturfläche sind mit Material aus dem Stausee zurückgewonnen worden.

Folgen:
70 % der Bevölkerung ist aus- oder abgewandert
181 Wohnhäuser bzw. landwirtschaftliche Gebäude wurden gesprengt
514 ha Kulturfläche sind verloren gegangen,
70 % weniger Nutztiere

Comments 6

  • Anna Maria Kremser 26/06/2007 14:25

    Ich kenne den Kirchturm als "Finger Gottes", der als Mahnmal stehen geblieben ist. Die Tragödie des Reschenpasses war mir so nicht bewusst. Deine Schilderung ist sehr informativ und jeder kann sich dabei sein Teil denken. - Eine sehr eindrucksvolle und sehr gelungene Aufnahme ist es außerdem!
    LG Anna Maria
  • Peter Innerbichler 11/06/2007 21:05

    jetzt ist es ein schönes Motiv...
    aber der Preis war hoch

    Pfieti
    Peter
  • views-of-life 10/06/2007 10:08

    tolle aufnahme und erklärung
    lg herbert
  • Christian Knospe 10/06/2007 9:40

    das Bild gefällt mir sehr gut...
    tolle Gestaltung...

    Einen schönen Sonntag
    Gruß Chris
  • Lisa und Albert 10/06/2007 9:25

    Dein sehr informativer Bericht zeigt, wie Menschen werden, wenn sie an die Macht kommen.
    Es ist heute nicht viel anders und wird nur mit dem "Deckmantel" Demokratie umschrieben.
    Fast alle, die in den "Genuß" von politischer Macht kommen verlieren den Boden unter den Füssen und wissen plötzlich nicht mehr wo sie hergekommen sind und was sie einmal waren.
    Es ist schade, dass man den Südtirolern so übel mitgespielt hat.
    Ich war schon am Reschensee und ich finde gerade dieser aus dem Wasser ragende Kirchturm ist ein Beweis für die Borniertheit und "Machtgeilheit" von Politikern
    lg albert.
  • Thomas und Birgit Niebergall 10/06/2007 8:42

    Tolles Foto zu einem bedrückenden Anlaß.
    Danke für die umfangreichen Infos.
    Gruß TuB