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Herzzeit

Dieses Bild aus der Diskussion hatte ich gestern versehentlich gelöscht, als ich auf der kleinen Handytastatur rasch ein anderes, gerade aus einem Wettbewerb kommendes Foto mit einem schlafenden Schaf (tja, das war wohl ich in dem Fall ;-)) als Motiv in der Bildübersicht löschen wollte. In dieser Übersicht wird nicht noch einmal extra nachgefragt und so hatte ich das Häkchen zum Markieren wohl an das nebenstehende Herzzeit-Bild gesetzt ... Das Bild ist weg, auch durch die Technik-Verantwortlichen der fc nicht zurückzuholen. Mir tut es sehr leid um all die schönen Anmerkungen, die damit leider auch alle unwiederbringlich verloren sind. :**-(((

Ich lade das Bild noch einmal hoch, um zu informieren, was damit geschah ... und damit es nicht ganz verschwunden bleibt.

Allen, die sich Gedanken gemacht und etwas zum Bild geschrieben hatten, noch einmal ganz herzlichen Dank! LG. Kerstin

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Fall ab, Herz

Fall ab, Herz vom Baum der Zeit,
fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen,
die einst die Sonne umarmt',
fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug!

Fliegt noch die Locke taglang im Wind
um des Landgotts gebräunte Stirn,
unter dem Hemd preßt die Faust
schon die klaffende Wunde.

Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken
sich dir einmal noch beugt,
nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben
noch einmal dir füllt.

Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre,
wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht.

Und was bezeugt schon dein Herz?
Zwischen gestern und morgen schwingt es,
lautlos und fremd,
und was es schlägt,
ist schon sein Fall aus der Zeit.

Ingeborg Bachmann

Comments 19

  • sternenfels 25/03/2016 15:15

    Tolles Detail !
  • Dorothee 9 23/08/2015 10:57

    Atemlos....hier hat es sich ausgeträllert. Nur wenn jemand mit Mitgefühl seinen eigenen Atem da reinpustet (ggf auch mithilfe eines Defibrillators), könnte noch eine gewisse Prallheit und Lebenslust entstehen. Aber nur vielleicht.
  • Nelia J. 05/07/2015 11:53

    Wenn die Luft raus ist und das Herz Kopf steht ....

    Habe heute in der Früh dieses Herz entdeckt und die Anmerkungen dazu gelesen. Es hat mich sehr beeindruckt!
    Danke, dass ihr mich auf eine Literarische Reise geschickt habt :-)
    LG Nelia


  • DieterHu 08/01/2015 18:34

    ..... sollte immer sein!!
    lg.-d
  • erich w. 05/10/2014 12:17

    irgend wie
    wäre es gut
    das herz bestünde aus stein
    so bliebe es äußerlich in form
    lg. e
  • Druckknopf 29/09/2014 10:11

    Minimalismus vom Feinsten.
    Da zeigt das Wenige -----mehr !!!
    Liebe Grüße
    Barbara
  • E. W. R. 13/09/2014 0:27

    Kein Sterblicher kann in die Zukunft sehen. Bachmann und Celan haben das gewusst. Das zeigt auch ihr Umgang miteinander nach der Trennung, wo keiner dem anderen vorgefasste Pläne oder gar Charakterlosigkeit unterstellt. Fast könnte man meinen, die Briefe seien erfunden ... Eckhard
  • KGS 12/09/2014 20:36

    @Eckhard: Wie sehr die Anmerkung, die ich bereits im November 2007 zu diesem Bild
    Displaced (3)
    Displaced (3)
    E. W. R.
    schrieb, doch stimmte. Und wie sehr deine eintreffen würde. Nur dass das Blatt am Ende nicht vom Wind verweht wurde, sondern in dieser Tonne
    Love
    Love
    E. W. R.
    landete. Es wurde zum Problemblatt, denn es wollte einfach nicht mehr nur heimlich mit dem Gullideckel befreundet sein ... ! (Wollte es ja zu keiner Zeit.)
    Kerstin
  • E. W. R. 11/09/2014 17:36

    Beides dachte ich mir bereits. ;-) E.
  • KGS 11/09/2014 16:56

    @Eckhard: Natürlich kenne ich den Artikel. :-)
    (Danke fürs Zitieren!)

    Die Überschrift finde ich übrigens besonders interessant und nachdenkenswert! ;-)

    Kerstin
  • E. W. R. 11/09/2014 16:28

    „Wer bin ich für Dich, wer nach so vielen Jahren?

    Atemloser und verzweifelter haben zwei Liebende kaum je um Worte gerungen: Im erstmals zugänglichen Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan wird das Private politisch und literaturhistorisch bedeutsam.“

    Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.08.2008, von Andrea Stoll

    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/briefwechsel-celan-bachmann-wer-bin-ich-fuer-dich-wer-nach-so-vielen-jahren-1683095.html

    „Es beginnt fast nebenbei, leicht und frühsommerlich. Ein Tag im Mai 1948. Die einundzwanzigjährige Dichterin und Philosophiestudentin ist eine umschwärmte junge Frau, als ihr im Wiener Haus des Malers Edgar Jené ein junger Mann vorgestellt wird: Paul Celan. Blicke fliegen hin und her, erste Worte knüpfen ein Band zwischen den jungen Leuten, das unverbindlich scheint zwischen dem Gelächter und den Diskussionen in dieser Runde aus Künstlern und Literaten. Ingeborg Bachmann ist nicht allein gekommen, sie befindet sich in Begleitung ihres Wiener Mentors, des Schriftstellers Hans Weigel, auch er ein Exilierter jüdischer Herkunft, mit dem sie zeitweilig zusammenlebt.

    Wann weiß einer, dass ihm der andere zum Prüfstein wird? Dass ein Wort des einen dem anderen das Sprechen vereisen, aber auch die Zunge lösen würde, dass nichts mehr ist, wie es vorher war? Von jenem Maitag aus spannt sich das Drama dieser Begegnung in das Leben der beiden Dichter hinein, die von da an miteinander und gegeneinander ihren Weg suchen, ein jeder mit seiner eigenen Herkunft und seiner eigenen Geschichte geschlagen. Ingeborg Bachmann ist die Tochter eines früh der NSDAP beigetretenen Kärntner Lehrers, der als Offizier den Zweiten Weltkrieg mitgetragen hatte; Paul Celan ein aus Czernowitz gebürtiger staatenloser Jude deutscher Sprache, dessen Eltern in einem deutschen Konzentrationslager ermordet wurden und der ein rumänisches Arbeitslager unter schwierigsten Bedingungen überstanden hat.

    [...]

    Sprachlosigkeit der Sprachgewaltigen

    Von Anfang an ist der Kampf gegen das Verstummen, die Überwindung des Schweigens das zentrale Thema der Briefe. Atemlos und fast erstickt bewegen sich beide immer wieder in einem Niemandsland tief verstörten Sprechens: „Schwere“, „Dunkel“, „Schweigen“ und „Schuld“ sind Leitwörter in diesem Briefgespräch, in dem zwei Sprachgewaltige um jedes einzelne Wort ringen. Wer diese Briefe heute liest, ist mittendrin im Bitten und Flehen der beiden für die Nachkriegszeit so bedeutenden Lyriker. Mittendrin in ihrer Suche nach dem richtigen Wort, hört er die beiden flüstern und klagen und spürt ihr Frösteln machendes Verstummen voreinander in gleicher Weise, wie er sich ihrem seligen Einverständnis nicht entziehen kann, wenn Liebesglück und poetisches Sprechen endlich einmal zusammenfinden.

    [...]

    Den Fremden ins Leben holen

    Von Anfang an ist sich Ingeborg Bachmann der uneinholbaren Fremdheit Celans bewusst. Und doch versucht sie mit aller Kraft der Liebenden, ihn zu sich ins Leben zu holen und sein lyrisches Sprechen lebendig werden zu lassen. Sie will ihn beschützen und fördern, und sie wird in den Jahren ihrer Freundschaft nichts unversucht lassen, um ihm das zu beweisen. Ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung schreibt sie: „Immer geht’s mir um Dich, ich grüble viel darüber und sprech zu Dir und nehm Deinen fremden, dunklen Kopf zwischen meine Hände und möchte Dir die Steine von der Brust schieben, Deine Hand mit den Nelken freimachen und Dich singen hören.“
    [...]

    Nach dem Abschluss ihres Studiums durch Promotion im März 1950 vergehen viele Monate, bis Ingeborg Bachmann am 14. Oktober 1950 endlich bei Paul Celan in Paris eintrifft. Doch der ersehnte Aufenthalt gerät zum Debakel. Ihrem Wiener Freund Hans Weigel gesteht sie, dass der Versuch eines gemeinsamen Lebens „strindbergisch“ wurde, man habe sich „gegenseitig die Luft“ genommen.

    [...]


    Einander im Gedicht begegnen

    Doch das einseitige Bitten der Jüngeren um die Zusendung seiner Gedichte, ihre bedingungslose Verehrung seiner Verse - „Ich lebe und atme manchmal nur durch sie“ - wandelt sich. Nun spricht sie auf Augenhöhe: „Habe ich Dich nicht einmal gefragt, ob ich Dir etwas schicken darf? Vielleicht kannst Du mir dabei helfen.“ Ihre Hoffnung, sie könne seine Gedichte „besser lesen als die anderen“, weil sie ihm „darin begegne“, sieht sich in Celans Reaktionen nicht bestätigt. Doch in ihren Gedichten wird sie ihm beweisen, dass sie zu lesen versteht und dass sie wie kein anderer im Leben des jüdischen Dichters den Finger auf die Wunde der hereinbrechenden Erinnerung zu legen vermag. Im Dezember 1953 schickt sie ihm ihren Gedichtband „Die gestundete Zeit“. Von Celan ist keine Reaktion überliefert. Obwohl Bachmanns Gedichte eine ganze Generation von Lesern begeistern, könnte die Botschaft persönlicher nicht sein. Denn nur Celan kann zu diesem Zeitpunkt das Briefgeheimnis ihrer Gedichte entziffern.

    [...]


  • Daniel Borberg 08/09/2014 10:19

    Manchmal fühle ich mich auch so ;-)
    ++++
    LG Daniel
  • KGS 05/09/2014 0:10

    @Alle: Danke euch noch einmal ganz herzlich für eure aufmunternden Worte! ;-))Tja, auf jeden Fall wird mir das eine Lehre sein und ich werde nie wieder versuchen, auf einer kleinen Handy-Tastatur brisante Löschaktionen vorzunehmen ...

    @B.K-K: Liebe Brigitte, mir tut es sooo leid, dass das erste Gedicht verschwunden ist. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie ich mich geärgert habe.
    Hab Dank für den zweiten Versuch mit dem 'gekillten' ;-))) Herzeken ... herrlich!
    Danke Dir sehr! Und es ist mindestens genauso gut. :-))

    @Paul: Vor Wochen??? ;-))

    @Runzelkorn: ;-)) Hoffen wir es mal ...

    @Udo: Da kommen bestimmt viele ;-).

    Viele Grüße. Kerstin
  • Udo Ludo 03/09/2014 19:25

    Blutspende-Aufruf.
  • Runzelkorn 02/09/2014 16:23

    So Herzen sind manchmal sprunghaft.
    Auch, wenn sie sich zunächst hängen lassen...