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Eisweinlese -- Der erste Most

Eisweinlese -- Der erste Most

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† Ralf Scholze


Premium (World), Meerbusch

Eisweinlese -- Der erste Most

Kostbare Raritäten belohnen in manchen Jahren des Winzers Geduld!Wenn Winzer pokern ist der Einsatz hoch. Es geht um Trauben, die länger als sonst üblich am Rebstock hängen bleiben und der erbarmungslosen Witterung des heran¬nahenden Winters ausgesetzt werden.
Bis Januar, in seltenen Fällen auch bis Februar kann das Spiel der Winzer gegen die Natur dauern. Für den Winzer geht es dabei um alles oder nichts, denn der Eisweinpoker birgt das Risiko des Totalverlustes. Nur etwa 10 Prozent der ursprünglichen Ausgangsmenge ergeben im langjährigen Mittel auch den gewünschten Eiswein in der Flasche. Die restliche Traubenmenge wird selektiv herausgeschnitten oder fällt den unberechenbaren Witterungsumständen zum Opfer.
Die eigentliche Eiswein-Lese, oft in den frühen Morgenstunden, ist anstrengend. Die Kälte macht die Finger starr und schmerzempfindlich. Mühsam werden die gefrorenen Beeren gelesen, am Ende liegt die Erntemenge zwischen 3 und 5 Hektoliter pro Hektar. Der Wein, der von Anfang an als Rarität produziert wird, ruft die Sammler auf den Plan. Stolze Preise werden für die edlen Kreszenzen verlangt, dennoch reißt man den Winzern die wenigen Flaschen aus den Händen.
Im Unterschied zu den anderen edelsüßen Weinen wie Auslesen, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen liegt das Geheimnis der Eisweine in der dichten Konzentration der Beeren-Inhaltsstoffe und einem vergleichsweise hohen Säuregrad. Ein Phänomen, das durch das Gefrieren der Beeren am Rebstock erreicht wird. Mindestens minus 7 Grad Celsius braucht es, bevor die Eiswein-Trauben gelesen werden dürfen, idealer weise sind es minus 10 bis minus 12 Grad Celsius. Die natürlich gefrorenen Trauben werden in diesem „eisigen“ Zustand noch am frühen Wintermorgen gekeltert. Das in den Beeren enthaltene Wasser bleibt so als Eis auf der Kelter zurück, während nur der süßeste Saft, dessen Gefrierpunkt tiefer liegt als der von Wasser, als hoch konzentrierter Most gewonnen wird.
Viel ist aus den steinhart gefrorenen Trauben nicht herauszupressen, Qualität geht vor Quantität. Das bedarf einiger Vorbereitungen und eines besonderen Engagements des Winzers, denn Eiswein ist kein Zufalls¬produkt. Ein striktes und straffes Qualitätsmanagement im Weinberg und spezielle Kultivierungsmaßnahmen während des ganzen Vegetationsjahres sind für einen großen Eiswein Voraussetzung.
Haben die Trauben die Vollreife erreicht, werden die Eisweinparzellen zum Teil entblättert und in Folie eingepackt. Diese dient in erster Linie dem Schutz vor Vogelfraß und wurde zuerst in den sechziger Jahren eingesetzt. Ohne den Folienschutz würden bis Dezember oder gar Januar keine Trauben mehr am Stock verbleiben. Klimatische Veränderungen – wie immer wieder behauptet – können mit der Folie nicht erreicht werden.
Passionierte Eisweinwinzer achten peinlich genau auf ein gesundes Lesegut ohne Botrytis-Befall, der für die sogenannte Edelfäule verantwortlich ist. Denn ein großer Eiswein braucht vor allem möglichst gesunde Trauben als Ausgangsmaterial. Und genau hier liegt auch der geschmackliche Unterschied zu den anderen edelsüßen Gewächsen wie Beerenauslese und Trockenbeerenauslese. Ein hochwertiger Eiswein weist nicht die geschmacklichen Charakteristika der Edelfäule auf. Das gesunde Traubengut garantiert vielmehr einen frischen und konzentriert fruchtigen Geschmack, dazu verfügen die Weine in der Regel über eine relativ stabile Säure. Eisweine sind daher auch schon in jungen Jahren ein Genuss.

Comments 7

  • Werner Winkler AW 09/03/2010 20:50

    Danke Ralf, gute Seite................
    Es gibt wohl keine Qualitätseinbuße, also ab ins Kühlhaus.

    Grüße Werner




  • † Ralf Scholze 08/03/2010 21:58

    google mal unter Kryoextraktion

    lg

    ralf
  • Werner Winkler AW 08/03/2010 21:19

    Hi Ralf,
    danke für die Antwort, muß aber nochmal nachhaken,
    Du bist der Fachmann und kannst so eine Frage beantworten!!

    >>Gibt es bei diesem Verfahren, zum natürlichen Frost an der Rebe,>irgend einen qualitativen Unterschied
  • † Ralf Scholze 07/03/2010 23:36

    Hallo Werner,
    wg. der Uhrzeit nur Telegrammstil:
    ist im großen rahmen von canada und den usa meines wissen betrieben worden. inzwishcen wird in ontario und im bundesstaat new york guter eiswein hergestellt, aber meines wissens kein riesling

    lg

    ralf
  • Werner Winkler AW 07/03/2010 18:59

    Eine absolut klasse Doku, sehr viel gelernt, seeehr gut..........

    Achja, das Bild gefällt auch...............

    Noch nee Frage, Du bist ja "Der Fachmann", die Spanier haben
    ja mal versucht, da sie ja keinen Frost -7°C kennen/haben, ihren
    Bottich voll mit Trauben in die Eiskammer (beim Fleischer) zu fahren
    und dann damit ihren Eiswein zu produzieren!!

    Gibt es bei diesem Verfahren, zum natürlichen Frost an der Rebe,
    irgend einen qualitativen Unterschied, wenn ja, welchen??
    Soviel ich weiß, hat die EU diesem Verfahren ja einen Riegel
    vorgeschoben!!??

    Grüße
    Werner

  • Joachim Irelandeddie 07/03/2010 8:54

    Den ablaufenden Most hast du sehr schön eingefangen und deine Infos zu dem Wein sind wieder mal sehr gut!

    lg irelandeddie
  • Josef Strohmayer 07/03/2010 6:25

    Super Doku.
    Josef