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Fourcade-Figueroa Galaxie ESO 270-17

Fourcade-Figueroa Galaxie ESO 270-17

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Sighard Schraebler


Free Account, Frankfurt am Main

Fourcade-Figueroa Galaxie ESO 270-17

Hätte Messier auf der Südhalbkugel gelebt, dann wäre ihm dieses Objekt vielleicht aufgefallen: Die Galaxie ESO 270-17 (bzw. ESO 270-G017) gehört mutmaßlich zur Centaurus-A Gruppe, gemeinsam mit NGC 5128 (Centaurus-A), NGC 4945, NGC 5206, NGC 5408, ESO 324-24 und ESO 325-11, ist gasreich, steht hinter dem Getümmel dichter Bereiche unserer eigenen Milchstrasse im Sternbild Centaurus nahe 13h34m48s -45°32'53'', ist vom Typ Sr, hat eine Helligkeit 11m4 visuell, ist etwa 14 Millionen Lichtjahre entfernt, also knapp 7x so weit weg wie Andromeda, die Ausdehnung beträgt 12'x1.9' ... soweit die Standard-Folklore.

Einmal tief Luft holen ... und hier kommt das Besondere: Bin mir nicht sicher, ob das ein Gezeitenschweif ist, denn die Profis haben darüber nichts geschrieben, aber es sieht ganz so aus! Könnte von einer engen Begegnung mit einer anderen Galaxie der Gruppe stammen. Vielleicht ist es auch nur ein Integrated Flux Nebel in der Milchstraße oder doch ein Artefakt? Die Form spricht für einen Gezeitenschweif!

Halt, in der docdb findet sich noch etwas: ''Known as the Fourcade-Figueroa galaxy (= ESO 270- G17), its about 3 degrees SE of Centaurus A. It is a possible member of the Centaurus Galaxy Grp and according to Thomson 1992 (Mon. Nat. R.astr. Soc 257, 689-698) it may be the remnant of a near collison between NGC 5237 and NGC 5128.'' Siehe *) und **)

Jener Artikel von R.C. Thomson aus Cambridge, veröffentlicht 1992 mit dem Titel Galaxy Shredding, zu deutsch Galaxien zerreißen, schlägt vor, dass eine Vorgängergalaxie vor etwa 5x10^8 Jahren in einem engen Vorbeiflug auf parabolischer Bahn 35° zur Sichtlinie geneigt, den mit 10 kpc dichtesten Bahnpunkt, das sogenannte Perigalaktikum bezüglich Centaurus-A durchflog, wobei ein großer Teil des Materials von Centaurus-A eingefangen wurde. Ein nicht rotierendes Stück wurde von uns aus gesehen in südöstlicher Richtung fortgeschleudert, während der Kern der Vorgängergalaxie, identifiziert als NGC5237, bis heute im Orbit um Centaurus-A kreist. Die Vorgängergalaxie hatte eine Masse vergleichbar mit unserer Milchstraße, dieses Fragment ist 10x leichter.

Zur Entstehungsgeschichte: Aufnahme mit IAS AK3 20-inch (51cm) Astrokamera, 1888mm f/3.7, Kühlkamera QSI583ws, ca. 135x30s LRGBHa, Binning 2x2, CCD Chiptemperatur -25°C, Farm Hakos / Namibia, Anfang Juni 2011, Walter Huchtmaier (IAS) & Sighard Schräbler

Walter hatte diese Galaxie auf seiner Liste, weil er alle Galaxien jener Centaurus-A Gruppe beobachten wollte. Dieser Kandidat machte in der Bearbeitung Stress, denn trotz hervorragender Kalibrierung mit vielen Darks und EL-Flats wollten die blöden Nebel um die Galaxie einfach nicht verschwinden. Vielleicht ist das tatsächlich so ein Fall, in dem die Amateure den Profis helfen können, die Umgebung der Galaxien zu erkunden, weil die notwendige Beobachtungszeit an Großteleskopen ziemlich teuer wird, wenn man anfängt, die kleinen Gesichtsfelder in Mosaiken zu einem größeren Gesamtbild zusammenzufügen. Der amerikanische Amateur R. Jay GaBany erhielt für seine langjährige Zusammenarbeit auf dem Gebiet im Jahr 2010 den American Astronomical Society (AAS) Chambliss Amateur Achievement Award:

''Using a 20-inch telescope at the remote Black Bird Observatory in New Mexico, GaBany has been one of the world’s leading amateur astrophotographers for the past decade. But his contributions go far beyond just taking pretty pictures. In recent years, GaBany has devoted hundreds of hours to work with a team of astronomers led by David Martinez-Delgado of the Max Planck Institute for Astronomy in Germany to take deep CCD images of galaxies far beyond our Local Group. GaBany’s images have revealed faint tidal streams and rings in the outer halos of large spiral galaxies, indicative of recent and ongoing gravitational interactions with dwarf satellite galaxies. These images are helping scientists better understand how large galaxies such as our own Milky Way are built up through the collisions and mergers of many smaller galaxies.''

http://www.cosmotography.com/images/press.html

Centaurus A
Centaurus A
Sighard Schraebler


Zum Objekt siehe auch:
*) http://www.docdb.net/show_object.php?id=eso_270_17
**) http://articles.adsabs.harvard.edu/cgi-bin/nph-iarticle_query?bibcode=1992MNRAS.257..689T&db_key=AST&page_ind=2&plate_select=NO&data_type=GIF&type=SCREEN_THMB&classic=YES
http://www.mpia.de/Public/menu_q2.php?Aktuelles/PR/2010/PR100907/PR_100907_de.html
http://www.atlasoftheuniverse.com/galgrps/ngc5128.html
http://arxiv.org/pdf/astro-ph/9906146.pdf
http://www.bautforum.com/showthread.php/128414-If-Messier-had-travelled-to-Australia-...

Comments 7

  • Sighard Schraebler 24/03/2012 21:06

    Helmut, Bernd, Hartmut, Wolfgang und Rudi, mir fallen da vier Sachen ein: Freude, Demut, Skepsis und Neugier:
    Natürlich freue ich mich, dass es Euch interessiert und gefallen hat, aber ich muss auch anmerken, dass ich Glück hatte, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein. Ohne ein 20'' Instrument gemietet zu haben, konnte ich eines nutzen, weil ich Walter kennengelernt habe und weil wir beschlossen haben, gemeinsam besser voran zu kommen.
    Walter lässt zu diesem Bild und seiner Geschichte anmerken, dass etwas Skepsis angebracht sei, nicht alles, was in der Fachliteratur beschrieben steht, muss richtig sein. Daher ist Neugier angebracht und man muss bestrebt sein, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wenn man schon 10 Stunden mit Aufnahme und Auswertung verbringt, dann kann man auch 3h recherchieren, die Daten stehen heuer jedem zur Verfügung. Leider treffe ich immer wieder auf Artikel, die die Fachzeitschriften verbergen. Die ganz neuen Ergebnisse kenne ich also nicht. Habe inzwischen nachgefragt am MPI, ich denke, da kommt noch Klarheit, was es mit den langgezogenen, geschwungenen Nebeln rund um diese Galaxie auf sich hat, ob es nur Artefakte sind oder der sichtbare Beweis für die oben beschriebene Entstehungsgeschichte dieser Sterneninsel.
    LG Sighard
  • Rudolf Dobesberger 22/03/2012 15:17

    Hallo Sighard!
    Ein verspätetes "Daumen Hoch" fürs Bild.
    Extraklasse für die Zusatzinformationen.

    GLG Rudi
  • Hartmuth Kintzel 19/03/2012 19:25

    Hallo Sighard,

    es ist wirklich interessant und spannend, was Du über dieses Objekt in Erfahrung gebracht hast.
    Da kommt der Unterschied zwischen einen Hobby-Astrofotografen (als den ich mich einstufen würde) und einen engagierten Amateur-Astronomen, wie ich dich einstufen würde, voll zur Geltung.
    Wie findest Du nur die Zeit dich immer wieder so tief in die wissenschaftlichen Besonderheiten deiner Motive einzuarbeiten.
    Mein Respekt ist Dir jedesmal aus Neue sicher.

    LG.
    Hartmuth
  • zirl 19/03/2012 18:28

    Hi Sighard,

    erstaunlich wieviele Informationen du immer wieder zu Tage förderst. Ich finde es toll mit wieviel Information rund um die abgelichteten Objekte du uns immer wieder versorgst. Es zeigt einfach wie sehr du die Astronomie magst, wie immer eine runde Sache

    LG

    Bernd
  • Helmut Herbel 19/03/2012 11:23

    Ich meinte natürlich von der Form her, und beide entstanden durch Kollisionen. Und ESO270 ist viel filigraner.

    LG Helmut
  • Sighard Schraebler 19/03/2012 9:27

    Servus Helmut, jetzt muss ich allerdings mit dem inversen Galileo-Argument kommen: Dieses ausgeschleuderte Teilstück einer ehemaligen Galaxie dreht sich jedoch nicht, auch das Zentrum ist wenig ausgeprägt, die Schwerkraft hält den Brocken kaum zusammen. Es ähnelt eher den fetten Endstücken in den Gezeitenarmen der Antennen-Galaxie.
    Die Antennen
    Die Antennen
    Sighard Schraebler

    LG Sighard
  • Helmut Herbel 19/03/2012 7:46

    Hallo Sighard,

    interessante Sache und sehr ausführlich !
    Erinnert mich etwas an NGC 4631,die Walgalaxie in den Jagdhunden.


    LG Helmut